Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Keine Impfung ohne Impfstoff
Die Debatte um ein zweites Impfzentrum für den Kreis Wesel führt in die Irre. Es ist kein Allheilmittel für alle Impf-probleme. Zu viel Energie sollten die Verantwortlichen vielleicht nicht investieren.
Es könnte alles so einfach sein. Ist es aber nicht.“2007 sang Herbert Grönemeyer für die Fantastischen Vier diese Zeilen. Die fünf haben die fiesen Kapriolen beschrieben, die dieses Leben dann und wann schlägt und die es unangenehm kompliziert machen. Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht. Das gilt schon in der Normalität, aber in dieser Pandemie erst recht.
Die größte Impfkampagne der Bundesrepublik ist sehr offensichtlich nicht einfach. Die Probleme, die es vor und seit dem Start gab, die jetzt kommen, belegen es jeden Tag neu. Es ist alles umständlich, es dauert alles sehr lange und die Wege in das einzige Impfzentrum des Kreises in der Niederrheinhalle Wesel sind für die meisten sehr weit. Also, finden einige, sollte ein zweites Impfzentrum her, dann könnte alles so einfach sein. Ist es aber nicht.
Denn das Land Nordrhein-westfalen lehnt ein zweites Impfzentrum bisher ab. Das sollte man nicht vernachlässigen, weil es ohne Zustimmung aus Düsseldorf kein zweites Impfzentrum geben wird. Und selbst wenn der Kreis zunächst die Kosten dafür auf die eigene Kappe nimmt, wie lange wird das wohl dauern, bis dieses zweite Zentrum tatsächlich existiert? Zumal es noch nicht einmal einen Standort gibt, auf den man sich geeinigt hätte.
Der Kampf für ein zweites Impfzentrum in dem riesigen Kreis Wesel mit seinen weiten Wegen ist absolut nachvollziehbar. Aber vielleicht ist es klüger, sich nicht zu sehr in dieser Auseinandersetzung zu verausgaben. Das Wege-problem der über 80-Jährigen würde jedenfalls nicht verschwinden, weil es für manche Senioren aus Hamminkeln immer noch schwer sein wird nach Wesel zu kommen, genau so schwer wie von Sonsbeck nach Moers.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Impfstoff. Selbst wenn ein zweites Impfzentrum eröffnet würde, wären die Tiefkühltruhen nicht voller. Der Kreis bekommt pro Woche keine 2000 Impfdosen für die Senioren, dafür lohnt es sich kaum, ein einziges Impfzentrum aufzusperren. Hinzukommt: Wenn der Impfstoff von Astrazeneca oder Johnson&johnson in der EU zugelassen ist, dann kommen auch die Hausärzte ins Spiel. Dadurch würde die Bedeutung der Impfzentren auch im Flächenkreis Wesel kleiner.
Ein zweites Impfzentrum kann sehr sinnvoll sein, ist aber kein Allheilmittel. Es ist eben alles nicht so einfach.
Henning
Rasche
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