Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
„Millionengrab“Zechenwerkstatt
Ist die „ Zechenwerkstatt“ein Millionengrab für Dinslaken? Die Stadt kaufe der Ruhrkohle AG eine Schrottimmobilie ab lautet Kritik – was unbestritten richtig ist. Statt des Konzerns müssten nun die Steuerzahler für die Sanierung zahlen.
Die Stadt kaufe der Ruhrkohle AG eine Schrottimmobilie ab, lautet die Kritik. Nun müssten die Bürger für die Sanierung zahlen.
DINSLAKEN Dass die Zechenwerkstatt auf dem Gelände des Bergwerks Lohberg zur Kulturstätte wird, hat die Politik im Januar ein weiteres Stück auf den Weg gebracht. Der Förderantrag für die Sanierung ist gestellt. „Der Zuwendungsbescheid wird allerdings erst im Sommer erwartet“, erklärt Stadt-sprecher Marcel Sturm zum Stand der Dinge. „Wir haben einen Antrag auf vorzeitigen Maßnahmenbeginn gestellt.“
Damit könnte das Projekt schon verfrüht in Angriff genommen werden. Und zwar, sobald das „Städtebauprogramm“des Landes auf dem Tisch liegt, aus dem Planungen für Fördermittel abzulesen sind. „Diese Veröffentlichung könnte bereits im März erfolgen“, erklärt Sturm.
Der verbindliche Zuwendungsbescheid läge dann aber noch nicht endgültig vor – ein gewisses Risiko würde die Stadt also eingehen. „Natürlich muss auch zunächst der Kaufvertrag abgeschlossen und der Besitz auf die Stadt übergegangen sein, bevor die vorzeitigen Arbeiten beginnen können“, so Sturm weiter.
Speziell die FDP und die Linke in Dinslaken dürften das mit Sorge sehen. Denn sie kritisieren den angepeilten Kauf und die Pläne. Die Ruhrkohle AG habe die Zechenwerkstatt so herunterkommen lassen. „Die Folgekosten zur Ertüchtigung des Gebäudes trägt letztendlich der Steuerzahler“, hatte Dieter Holthaus (Linke) dazu in der entscheidenden Ausschuss-sitzung angemerkt.
In die gleiche Kerbe schlug Gerald Schädlich (FDP): „Wir sollen eine Schrott-immobilie erwerben, die unter Denkmalschutz steht, und dürfen roundabout 80 Euro pro Quadratmeter bezahlen und damit den bisherigen Eigentümer entlasten.“Die Ruhrkohle AG sei eigentlich verpflichtet, den Bau in einen denkmalschutzgerechten Zustand zu versetzen. „Wir nehmen der Ruhrkohle diese Verpflichtung ab und stecken Steuergeld hinein“, sagt er.
Die Ruhrkohle Montan Immobilien-gesellschaft lässt das nicht auf sich sitzen. „Seit über vier Jahren hat die RAG Montan Immobilien der Freilicht AG die Zechenwerkstatt zur Zwischennutzung zur Verfügung gestellt mit dem Ziel, die Halle an den Verein zu veräußern“, nimmt Sprecher Stephan Conrad Stellung. In dieser Zeit habe man „nur notwendige Sicherungsmaßnahmen übernommen, aber keine Investitionen in die Sanierung der Halle vorgenommen, da diese einen möglichen Kaufpreis in die Höhe getrieben hätten und gegebenenfalls nicht den zukünftigen Nutzungszielen des Vereins entsprochen hätten. Der Verein hat die Halle in dieser Zeit kostenlos für zahlreiche Veranstaltungen genutzt.“
Die Linke aber wirft speziell der Dinslakener Stadtverwaltung vor, beim Denkmalschutz versagt zu haben. Dabei beruft sie sich aufs nordrhein-westfälische Denkmalschutzgesetz. Darin steht, dass Eigentümer und „Nutzungsberechtigte“von Denkmälern diese instandhalten oder -setzen und vor Gefährdung schützen müssen, „soweit ihnen das zumutbar ist“. Wenn Kosten in die Höhe steigen, weil ein Denkmal zuvor vernachlässigt wurde, dann zählt das laut Gesetz nicht als Ausrede. Und Denkmalbehörden können „die notwendigen Anordnungen treffen“, falls Besitzer ihren Verpflichtungen nicht nackommen. Für die Linke ist demnach klar, dass die Stadt nach dem Denkmalschutzgesetz hätte handeln müssen.
Die Stadt Dinslaken sieht das anders. Ihrer Meinung nach „wurde das Notwendigste getan, um das Gebäude zu erhalten“, so Stadt-sprecher Marcel Sturm. Vor rund zehn Jahren habe die Ruhrkohle AG noch eine Dach- und Fassadensanierung durchgeführt. „Diese Arbeiten waren mit der Unteren Denkmalbehörde und dem Landschaftsverband Rheinland abgestimmt.“
Ein zweiter, gewichtiger Kritikpunkt betrifft den Kaufpreis für das Grundstück. Die FDP geht davon aus, dass die Stadt Dinslaken sich bei dem Handel über den Tisch ziehen lässt und dass andere Grundstücke im Umfeld viel günstiger seien. „Wir hatten das Gefühl, dass die
Stadt da eingewilligt hat, einen erhöhten Preis zu zahlen“, so Fraktionssprecher Felix Ülhoff.
Sowohl die Stadt als auch die Ruhrkohle AG weisen auch das zurück und verweisen auf den offiziellen Bodenrichtwert des Landes Nordrhein-westfalen. Dieser liegt für das Areal, auf dem die Zechenwerkstatt liegt, bei exakt 80 Euro. Die RAG Montan Immobilien habe zudem Anfang 2019 ein marktübliches Sachverständigen-wertgutachten erstellen lassen, ergänzt Sprecher Stephan Conrad. „Das Gutachten ergab als Wert für das 5817 Quadratmeter große Grundstück mit der Zechenwerkstatt eine Gesamtsumme von 485.000 Euro.“Insofern sei der Preis „marktgerecht festgelegt worden“.
Der Bodenrichtwert wird grundsätzlich für Flächen ohne Altlasten angegeben. Im nahegelegenen Gebiet an der Ziegeleistraße ist er mit 45 Euro verzeichnet.
Bevor die Stadt den Erwerb der Zechenwerkstatt vor kurzem selbst in die Hand genommen hat, stand eigentlich die „Zechenwerkstatt Immobilienverwaltung“als Käuferin in den Startlöchern. Diese Gesellschaft ist aus der Freilicht AG hervorgegangen, die Vorbereitungen für die Übernahme der Halle liefen über Jahre.
Ob der ausgemachte Preis nun wirklich angemessen ist, das sieht auch Chefin Lea Eickhoff kritisch. Aber ihre Organisation habe sich sehr lange damit und mit der Ruhrkohle AG auseinandergesetzt. „Irgendwann muss man ja auch mal weiterkommen. Wir hätten diesen Kaufpreis wahrscheinlich auch bezahlt“, macht sie klar. „Und es ist nicht so, dass wir blauäugig sagen: Ja, nehmt unser Geld.“
Ihrer Gesellschaft gehe es jetzt darum, dieses Gebäude vor dem weiteren Verfall zu retten. Die Fördermittel, die dafür genutzt werden sollen, stünden für genau solche Zwecke zur Verfügung. „Wir wollen damit verantwortungsvoll umgehen“, betont sie.