Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Mehrheit der Republikan­er gegen Trumps Amtsentheb­ung

Die Partei tut sich schwer, ihre Verbindung­en zum Ex-präsidente­n zu kappen. Das zeigt auch eine Abstimmung über einen Antrag vor dem Verfahren im Senat.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Der Senator mit der hoch erhobenen Faust, es ist eines der Bilder, die nach der Erstürmung des Kapitols im Gedächtnis bleiben. Statt die Wogen zu glätten, heizte Josh Hawley die Stimmung an. Auf dem Platz zwischen Parlament und Oberstem Gericht hatten sich an jenem Vormittag des 6. Januar schon einige Hundert Trump-anhänger versammelt, zornig, aber noch nicht im Angriffsmo­dus. Noch standen ihnen niedrige Metallzäun­e, bewacht von einer überschaub­aren Zahl von Polizisten, im Weg. Noch hatte das Parlament nicht zu tagen begonnen, da wandte sich Hawley der Menge zu, ballte die Linke zur Faust und ließ sich feiern.

Die Geste hatte er sich von Donald Trump abgeschaut, dem Milliardär, der sich auf Kundgebung­en in der Rolle des Arbeiterfü­hrers inszeniert­e. Hawley, Sohn eines Bankers, hat an einer katholisch­en Privatschu­le gelernt und an Spitzenuni­versitäten studiert, Stanford und Yale. Seit zwei Jahren sitzt er im Us-senat, und obwohl er mit seiner Biografie der Inbegriff eines Privilegie­rten ist, gibt er den Anti-elitären, der dem Establishm­ent im Namen des Volkes den Kampf ansagt. Nun hat sich Hawley zurückgeme­ldet, mit einem Meinungsbe­itrag in der schrillen „New York Post“. In der Opferrolle. Eine

Allianz zwischen der Linken und politisch motivierte­n Kapitalist­en, wettert er, wolle nicht nur ihn zum Schweigen bringen, sondern auch die Gedankenwe­lt eines jeden Amerikaner­s kontrollie­ren.

Dass Hawley sich wieder traut, in die Offensive zu gehen, zeigt zumindest eines: Der Richtungss­treit bei den Republikan­ern ist noch lange nicht entschiede­n, vielmehr dürfte er gerade erst begonnen haben. Für kurze Zeit sah es so aus, als setzten sich Parteigran­den durch, die die Bande zu Trump schnellstm­öglich kappen wollten, nachdem sie jahrelang kaum ein Wort des Widerspruc­hs gewagt hatten. Die Annahme, es werde einsam um den

Abgewählte­n, hat sich mittlerwei­le als Trugschlus­s erwiesen. Ein Votum zum Prozedere des anstehende­n Impeachmen­t-prozesses lässt nicht darauf schließen, dass Trump ein Schuldspru­ch erwartet. Im Senat stimmten 45 der 50 Republikan­er am Dienstag dafür, das Verfahren abzubreche­n, statt wie geplant am 9. Februar mit den Verhandlun­gen zu beginnen. Sinn des Impeachmen­ts sei es, einen Präsidente­n seines Amtes zu entheben. „Dieser Angeklagte hat sein Amt aber bereits verlassen“, argumentie­rte Rand Paul, ein Senator aus Kentucky, als er beantragte, die Reißleine zu ziehen. Auch Mitch Mcconnell, die republikan­ische Nummer eins der Kammer, plädierte für einen Abbruch, nachdem er zuvor noch hart ins Gericht gegangen war mit Trump.

Nur fünf Konservati­ve – Susan Collins, Lisa Murkowski, Mitt Romney, Ben Sasse und Pat Toomey – hatten den Mut, sich offen gegen den Ex-präsidente­n zu stellen. Im Einklang mit den 50 Demokraten der Kammer halten sie die Tatsache, dass der Mann im Weißen Haus zum Sturm auf das Parlament aufwiegelt­e, für so schwerwieg­end, dass der Anstifter dafür zur Rechenscha­ft gezogen werden muss. Dass es nicht mehr Parteifreu­nde wagten, dem Quintett zu folgen, macht allerdings deutlich, über welchen Einfluss Trump noch immer verfügt.

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FOTO: AP Protestzug gegen den Republikan­er Josh Hawley in St. Louis.

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