Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Mehrheit der Republikaner gegen Trumps Amtsenthebung
Die Partei tut sich schwer, ihre Verbindungen zum Ex-präsidenten zu kappen. Das zeigt auch eine Abstimmung über einen Antrag vor dem Verfahren im Senat.
WASHINGTON Der Senator mit der hoch erhobenen Faust, es ist eines der Bilder, die nach der Erstürmung des Kapitols im Gedächtnis bleiben. Statt die Wogen zu glätten, heizte Josh Hawley die Stimmung an. Auf dem Platz zwischen Parlament und Oberstem Gericht hatten sich an jenem Vormittag des 6. Januar schon einige Hundert Trump-anhänger versammelt, zornig, aber noch nicht im Angriffsmodus. Noch standen ihnen niedrige Metallzäune, bewacht von einer überschaubaren Zahl von Polizisten, im Weg. Noch hatte das Parlament nicht zu tagen begonnen, da wandte sich Hawley der Menge zu, ballte die Linke zur Faust und ließ sich feiern.
Die Geste hatte er sich von Donald Trump abgeschaut, dem Milliardär, der sich auf Kundgebungen in der Rolle des Arbeiterführers inszenierte. Hawley, Sohn eines Bankers, hat an einer katholischen Privatschule gelernt und an Spitzenuniversitäten studiert, Stanford und Yale. Seit zwei Jahren sitzt er im Us-senat, und obwohl er mit seiner Biografie der Inbegriff eines Privilegierten ist, gibt er den Anti-elitären, der dem Establishment im Namen des Volkes den Kampf ansagt. Nun hat sich Hawley zurückgemeldet, mit einem Meinungsbeitrag in der schrillen „New York Post“. In der Opferrolle. Eine
Allianz zwischen der Linken und politisch motivierten Kapitalisten, wettert er, wolle nicht nur ihn zum Schweigen bringen, sondern auch die Gedankenwelt eines jeden Amerikaners kontrollieren.
Dass Hawley sich wieder traut, in die Offensive zu gehen, zeigt zumindest eines: Der Richtungsstreit bei den Republikanern ist noch lange nicht entschieden, vielmehr dürfte er gerade erst begonnen haben. Für kurze Zeit sah es so aus, als setzten sich Parteigranden durch, die die Bande zu Trump schnellstmöglich kappen wollten, nachdem sie jahrelang kaum ein Wort des Widerspruchs gewagt hatten. Die Annahme, es werde einsam um den
Abgewählten, hat sich mittlerweile als Trugschluss erwiesen. Ein Votum zum Prozedere des anstehenden Impeachment-prozesses lässt nicht darauf schließen, dass Trump ein Schuldspruch erwartet. Im Senat stimmten 45 der 50 Republikaner am Dienstag dafür, das Verfahren abzubrechen, statt wie geplant am 9. Februar mit den Verhandlungen zu beginnen. Sinn des Impeachments sei es, einen Präsidenten seines Amtes zu entheben. „Dieser Angeklagte hat sein Amt aber bereits verlassen“, argumentierte Rand Paul, ein Senator aus Kentucky, als er beantragte, die Reißleine zu ziehen. Auch Mitch Mcconnell, die republikanische Nummer eins der Kammer, plädierte für einen Abbruch, nachdem er zuvor noch hart ins Gericht gegangen war mit Trump.
Nur fünf Konservative – Susan Collins, Lisa Murkowski, Mitt Romney, Ben Sasse und Pat Toomey – hatten den Mut, sich offen gegen den Ex-präsidenten zu stellen. Im Einklang mit den 50 Demokraten der Kammer halten sie die Tatsache, dass der Mann im Weißen Haus zum Sturm auf das Parlament aufwiegelte, für so schwerwiegend, dass der Anstifter dafür zur Rechenschaft gezogen werden muss. Dass es nicht mehr Parteifreunde wagten, dem Quintett zu folgen, macht allerdings deutlich, über welchen Einfluss Trump noch immer verfügt.