Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Wie man einen Sportstandort zerstört
ANALYSE Beim KFC Uerdingen und den Krefeld Pinguinen war man in früheren Jahrzehnten vom sportlichen Erfolg verwöhnt. Inzwischen drohen beide Vereine in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Dabei spielt auch die Stadt eine Rolle.
KREFELD Die Fans schütteln sich. Es sind schlechte Zeiten in Krefeld. Es läuft nicht rund, weder sportlich noch wirtschaftlich, weder im Fußball noch im Eishockey. Der KFC Uerdingen steht in der dritten Liga zwar noch im Mittelfeld der Tabelle, doch droht dem Klub wirtschaftlich das Aus und anschließend der Sturz in den Amateurbereich. Die Krefeld Pinguine haben das finanzielle Aus abwenden können, spielen in der Deutschen Eishockey-liga aber mit einer kaum wettbewerbsfähigen Mannschaft, die mit drei von 33 möglichen Punkten Letzter ist.
Das ist nur sehr schwer zu ertragen für die Fans, die in früheren Jahrzehnten erfolgsverwöhnt waren. Immerhin 14 Jahre spielten die Uerdinger in der Fußball-bundesliga, wo sie in der Ewigen Tabelle auf Platz 26 noch vor den derzeitigen Bundesligisten Augsburg und Leipzig rangieren. 1985 gewannen sie das Pokal-endspiel gegen Bayern München und stand im Jahr darauf im Europacup-halbfinale.
Die Zeiten haben sich geändert. Nach dem Ausstieg des Bayer-konzerns kam der Verein, der noch nie ohne einen Investor auskam, nicht mehr so richtig auf die Beine. Mit drei Insolvenzverfahren (2002, 2005, 2008) ging der sportliche Niedergang einher, der bis in die sechste Liga führte. 2018 kehrten die Blau-roten durch den Aufstieg in die dritte Liga nach 13 Jahren auf die nationale Fußball-bühne zurück.
Doch die Uhren in der Stadt sind stehen geblieben. Seit über drei Jahrzehnten wurden nicht die notwendigen Wartungs- und Sanierungsarbeiten am Stadion Grotenburg vorgenommen, weshalb die Sicherheitsbehörden die Arena im Mai 2018 für jeglichen Betrieb sperrten.
Bis heute steht es nicht zur Verfügung, weshalb die Krefelder noch nicht ein einziges Spiel ihres Vereins seit der Rückkehr in die dritte Liga in der Stadt zu sehen bekamen.
Doch die Situation ist noch weitaus schlimmer. Der Verein verfügt über keinen Trainingsplatz und kein Vereinsheim, geschweige denn über ein Nachwuchsleistungszentrum. Im Gegenteil, der Jugend, die die in Krefeld ligahöchsten Mannschaften stellt, wurde der einzige bisherige Platz jetzt genommen, um den Zoo zu erweitern.
Jetzt droht der Stadt, die die Grotenburg so oder so sanieren muss – Eigentum verpflichtet - der Gau, denn nach dem angekündigten Rückzug des Kfc-investors Mikhail Ponomarev steht zu befürchten, dass der Klub kollabiert und in der Versenkung verschwindet. Aber auch wenn sich Investoren finden, dürften diese ihr Engagement an klare Bedingungen knüpfen.
Dahingegen ist die Situation des Eishockeyvereins geradezu komfortabel. Er profitierte von dem in den 70er und 80er Jahren geprägten Motto: Für das Eishockey ist die Stadt zuständig, für den Fußball Bayer. So verfügen die Pinguine wenigstens über eine intakte Infrastruktur mit einer modernen Yayla-arena und einer intakten Trainings-eishalle.
Doch auch der Eishockeyklub hat nicht nur eine bewegte Geschichte mit zwei Insolvenzen (1978, 1995) und zwei Deutschen Meisterschaft (1952, 2003) hinter sich, sondern auch er kämpft ums wirtschaftliche Überleben. Bis vor einem Jahr hat der Gesellschafter Wolfgang Schulz gesichert, gegen den unmittelbar nach seinem Ausscheiden Juristen zu Felde zogen. Inzwischen hat ein Schweizer die Anteile übernommen, dessen 24 Jahre alter Statthalter Sergej Savaljev als Geschäftsführer fungiert und das Sagen hat.
Dass diese Saison, die ohne Publikum stattfindet, sportlich abgeschenkt wird, um das wirtschaftliche Minus in Grenzen zu halten, ist verständlich, vielleicht sogar richtig. So deutlich sagt Savaljev das nicht, er spricht höflich von einer Übergangssaison. Doch die Fans sorgen sich weit weniger um die aktuelle sportliche Situation oder die Finanzen als vielmehr um den Eishockey-standort, auch wenn seitens des Investors immer wieder versichert wird, ein Wechsel komme nicht infrage.
Krefeld hat es schwer. Die Stadt mit 225.000 Einwohnern ist keine finanzstarke, moderne Metropole, wurde aber in früheren Jahren sportlich erfolgsverwöhnt. Die aus dieser Zeit resultierenden verkrusteten Strukturen aufzubrechen, ist ein schmerzhafter Prozess. Ob er von Erfolg gekrönt ist, bleibt ungewiss. Was bleibt, ist die Tradition – und die Gefahr, dass weitere Traditionsvereine in der Bedeutungslosigkeit versinken.