Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Uefa arbeitet an Ersatzszenarien für die EM
Die Kritik an dem Turnier in zwölf Ländern mehrt sich. Doch der Verband muss viele Interessen beachten.
BERLIN/NYON (dpa) Berti Vogts und Stefan Effenberg sind sich in der Em-frage einig. Auch Karl Lauterbach hat wie immer eine klare Meinung. Hinter Europas großem Fußball-sommer steht ein dickes Fragezeichen. Corona droht die historische Europameisterschaft in zwölf Ländern ein zweites Mal unmöglich zu machen. Allen kritischen Expertenaussagen zum Trotz ist eine Entscheidung aber noch nicht gefallen. Die Entscheidungsträger der Uefa brüten in Hinterzimmern der Sportpolitik über Ersatzpläne und Notvarianten. Zumal keine der zwölf Ausrichterstädte unabhängig von teilweise gravierenden Pandemiebeschränkungen freiwillig verzichten will. Das macht es für die Uefa komplizierter.
Von Rom bis Kopenhagen und Dublin bis Baku, niemand will sich jetzt die Blöße geben. Auch München rechnet weiter mit seinen vier Spielen, inklusive der Kracher von Deutschland gegen Frankreich (15. Juni) und Portugal (19. Juni). Aus mehreren Ländern ist zu hören, man stünde für mehr als die bislang geplanten Partien bereit.
Für die Uefa und ihren Chef Aleksander Ceferin steht sehr viel auf dem Spiel. Sportpolitisch darf keiner brüskiert werden, gerade für kleinere Gastgeberverbände wie Aserbaidschan, Rumänien oder Ungarn ist das Projekt von elementarer Bedeutung. Paradoxerweise mochte man das von Ex-präsident Michel Platini erdachte Konzept mit einem Dutzend Gastgebern in der aktuellen Uefa-verwaltung aber noch nie. Und nun wird die extrem teure Ausrichtung des paneuropäischen Großevents von Corona zusätzlich massiv erschwert.
Cluster-alternativen mit mehr
Spielen in weniger Spielorten könnten also eine realistische Lösung sein. Die neuralgischen Reiseaktivitäten quer durch den Kontinent fielen weg. Die Idee von Effenberg, Nordrhein-westfalen wie bei der Europa League im August 2020 zur Ausrichterregion zu machen, ist aber unwahrscheinlich. Das ganze Dilemma beschrieb RB Leipzigs ungarischer Torwart Peter Gulacsi im Zdf-„sportstudio“ziemlich gut. „Natürlich hoffe ich sehr, dass wir die zwei Heimspiele, die wir in Budapest haben, zu Hause spielen dürfen“, sagte der 30-Jährige. Das Champions-league-turnier in der Königsklassen-blase Lissabon hat Gulacsi aber auch noch in guter Erinnerung. „Wir sind alle gesund geblieben, das hat funktioniert. Es funktioniert jetzt auch in der Bundesliga.“
Erste Antworten wird die Uefa am 5. März in der Fan-frage geben. Dann will der Dachverband zumindest schon verkünden, ob und in welchem Ausmaß in jedem der Spielorte mit Zuschauern geplant werden kann. Viel mehr Zeit für die generelle Em-entscheidung haben Ceferin und seine Turnierplaner nicht.