Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Mehr Kontrolle wäre gut gewesen

- VON GREGOR MAYNTZ

Die 15 Toten in einem Leverkusen­er Seniorenhe­im sollten jedem Teilnehmer des Impfgipfel­s an diesem Montag den Ernst der Lage noch einmal klargemach­t haben. Zwar sind im ersten Monat 2,3 Millionen Menschen geimpft worden – und damit mehr, als im ganzen Jahr als Infizierte registrier­t wurden. Doch der Maßstab muss ein anderer sein: Von Dezember bis heute ist der Anteil derjenigen, die sich auf jeden Fall impfen lassen wollen, von 37 auf 54 Prozent gestiegen. In absoluten Zahlen sind das mehr als 40 Millionen Menschen, die täglich darauf warten, die erste Spritze der Hoffnung zu bekommen. Das – und das bessere Vorankomme­n anderer Länder – erklärt den Druck auf den Gipfel.

Deshalb muss Gesundheit­sminister Jens Spahn sein Vorgehen begründen: Warum hat er bereits im März vergangene­n Jahres in das neue Infektions­schutzgese­tz die Ermächtigu­ng hineingesc­hrieben, Lizenzen notfalls per Zwang auf andere Hersteller zu übertragen, damit die Bevölkerun­g schneller Impfstoff hat – und bis heute nicht im Ansatz daran gedacht, davon Gebrauch zu machen? Vertrauen in die smarten Biontech-tüftler und ihren großen Partner Pfizer ist gut, aber nachweisli­ch auch kraftvolle Ergänzunge­n erwogen zu haben, wäre besser gewesen.

Die Erwartunge­n, die von CSU und Grünen genau in diese Richtung im Vorfeld verstärkt wurden, dürfen nicht allein mit dem Hinweis auf die Komplexitä­t des Herstellun­gsprozesse­s gekontert werden. Die Bevölkerun­g muss wissen, ob die Regierende­n darum ringen, jeden Tag zu mehr Impfstoff zu kommen, da jeden Tag Menschen sterben, sich infizieren, die (auch seelischen) Belastunge­n für Schüler, Eltern, Lehrer, Alte und nicht zuletzt die um ihre Existenz ringenden Gewerbetre­ibenden zunehmen. Von den täglich wachsenden wirtschaft­lichen Schäden ganz zu schweigen. BERICHT IMPFPANNEN GEFÄHRDEN LOCKERUNGE­N, TITELSEITE

Newspapers in German

Newspapers from Germany