Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Mehr Kontrolle wäre gut gewesen
Die 15 Toten in einem Leverkusener Seniorenheim sollten jedem Teilnehmer des Impfgipfels an diesem Montag den Ernst der Lage noch einmal klargemacht haben. Zwar sind im ersten Monat 2,3 Millionen Menschen geimpft worden – und damit mehr, als im ganzen Jahr als Infizierte registriert wurden. Doch der Maßstab muss ein anderer sein: Von Dezember bis heute ist der Anteil derjenigen, die sich auf jeden Fall impfen lassen wollen, von 37 auf 54 Prozent gestiegen. In absoluten Zahlen sind das mehr als 40 Millionen Menschen, die täglich darauf warten, die erste Spritze der Hoffnung zu bekommen. Das – und das bessere Vorankommen anderer Länder – erklärt den Druck auf den Gipfel.
Deshalb muss Gesundheitsminister Jens Spahn sein Vorgehen begründen: Warum hat er bereits im März vergangenen Jahres in das neue Infektionsschutzgesetz die Ermächtigung hineingeschrieben, Lizenzen notfalls per Zwang auf andere Hersteller zu übertragen, damit die Bevölkerung schneller Impfstoff hat – und bis heute nicht im Ansatz daran gedacht, davon Gebrauch zu machen? Vertrauen in die smarten Biontech-tüftler und ihren großen Partner Pfizer ist gut, aber nachweislich auch kraftvolle Ergänzungen erwogen zu haben, wäre besser gewesen.
Die Erwartungen, die von CSU und Grünen genau in diese Richtung im Vorfeld verstärkt wurden, dürfen nicht allein mit dem Hinweis auf die Komplexität des Herstellungsprozesses gekontert werden. Die Bevölkerung muss wissen, ob die Regierenden darum ringen, jeden Tag zu mehr Impfstoff zu kommen, da jeden Tag Menschen sterben, sich infizieren, die (auch seelischen) Belastungen für Schüler, Eltern, Lehrer, Alte und nicht zuletzt die um ihre Existenz ringenden Gewerbetreibenden zunehmen. Von den täglich wachsenden wirtschaftlichen Schäden ganz zu schweigen. BERICHT IMPFPANNEN GEFÄHRDEN LOCKERUNGEN, TITELSEITE