Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Treffpunkt Mediathek
Viele Fernsehsender haben ihre Schätze früher im Archiv versteckt. Mittlerweile sind sie schneller zugänglich. Heute stellen wir Dokus zu Personen der Zeitgeschichte vor.
Arte, ZDF, 3sat – ihre Mediatheken sind in Zeiten fortgesetzter Berieselung mit Flachheiten auf den Privatsendern wichtiger denn je. Wir wollen jetzt und in der kommenden Woche wichtige Produktionen vorstellen. Wir beginnen mit einem Streifzug durch die Welt sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten.
„Eva Braun – die Braut des Bösen“Wer war die Frau, die 13 Jahre lang im Schatten Adolf Hitlers lebte und mit ihm starb? Dokumentarfilmer Michel Kloft zeichnet in der zweiteiligen Dokumentation anhand von privaten Film- und Fotoaufnahmen ein vielschichtiges Porträt. Blond, extrem sportlich und zunächst auch lebenslustig – so beschreibt Biografin Heike Görtemaker die junge Eva Anna Paula Braun. Mit den Jahren wird aus der Lehrerstochter eine unglückliche und manisch-depressive Person, die sich häufig zurückgesetzt und eingesperrt fühlt in Hitlers Refugium, dem Berghof auf dem Obersalzberg im Berchtesgadener Land. Aber: Eva Braun war nicht dumm. Und letztlich auch ein Mensch, der mit bedingungsloser Härte und Konsequenz sein Ziel verfolgte und so zur unangefochtenen Gefährtin an Hitlers Seite aufsteigen konnte. Viele der Fotos und Filme hat Eva Braun selbst gemacht. Die Dokumente sollten eigentlich alle zerstört werden und blieben nur durch Zufall erhalten. Sie geben einmalige Einblicke in das private Leben auf dem Obersalzberg, auch als der Ort später Hitlers Strategie- und Machtzentrum wird. Der Betrachter staunt und schaudert zugleich, denn der Film zeigt auch: Das Monster Hitler konnte im Privaten durchaus Emotionen zeigen. Mit ihm in den Tod zu gehen, war für Eva Braun das logische Ende (Zdf-mediathek).
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„Kunst hoch zwei“mit Patricia Kopatschinskaja und Sol Gabetta Die eine ist eine weltberühmte Geigerin, die andere eine weltberühmte Cellistin. Die eine kommt aus Russland, die andere aus Argentinien. Seit vielen Jahren leben die beiden in der Schweiz und sind ziemlich beste Freundinnen; sie telefonieren miteinander, jede hat ein Ohr für die andere, ist Aufputschmittel und Kummerkasten. Patricia Kopatschinskaja und Sol Gabetta haben sich vor einiger Zeit für das Schweizer Fernsehen vor die Kamera gesetzt und aus ihrem Künstlerleben („Man darf ja nie Fehler machen“) und ihrem Seelenleben („Wir sind ja egozentrische Persönlichkeiten“) berichtet. Einmal sitzen die beiden in der Küche, proben ein neues Stück und sind dabei zueinander nicht zimperlich im Korrigieren: „Spiel das doch nicht so extrem!“Wunderbar die Sequenzen, in denen die Künstlerinnen über das instrumentale Handwerk sprechen: Wie funktioniert Bogendruck? Was bewirkt ein Vibrato? Wie wichtig ist ein Legato? In solchen Szenen wird hohe Kunst unmittelbar sinnlich erfahrbar. Die 3sat-produktion unter dem Motto „Kunst hoch zwei“gewährt einen beeindruckenden Blick ins Innere zweier Diven, die vermutlich deshalb so gut sind, weil sie voller Selbstbewusstsein Diven sind (3sat-mediathek). w.g.
„Laurel und Hardy – eine komische Liebesgeschichte“
Fragt man ältere Semester, was in ihrer Jugend am frühen Freitagabend los war, setzt die schwächer werdende Erinnerung meist sofort ein: Da lief „Dick & Doof“im ZDF, einem von drei damals verfügbaren Fernsehkanälen. Der gebürtige Brite Stan Laurel und der Kalifornier Oliver Hardy waren nicht nur auf der Leinwand ein kongeniales Duo, sondern auch im wirklichen Leben. Die Stationen ihrer wechselhaften Karriere, das Typische ihres Humors – und wer dahintersteckte – sowie viele interessante Details aus ihrem Privatleben zeigt die Arte-dokumentation „Laurel und Hardy – die komische Liebesgeschichte von Dick & Doof“. Zahlreiche Zeitzeugen und unveröffentlichte Szenen aus Wochenschauen fügen sich zu unterhaltsamen 92 Minuten – sogar für jüngere Semester. Verfügbar bis zum 2. April 2021, Arte. bew
„Das kurze Leben des Brian Jones“Er gründete die Rolling Stones, er gab der Band den Namen, und damals waren nicht Mick und Keith das Zentrum der Gruppe, sondern er war es. Die Dokumentation von Patrick Bondet spürt dem Moment nach, in dem sich Brian Jones selbst abhanden kam. Waren es die Drogen? War es eine psychische Erkrankung, die dazu führte, dass er nurmehr apathisch da saß und woanders zu sein schien, jedenfalls nicht mehr auf dieser Welt? Sein Bruder spricht, die Mutter seines Sohnes, Ex-stone Billy Wyman und ein Schulfreund. Sie erzählen von Brian Jones’ Liebe zu Anita Pallenberg, von seinen genialen Einfällen wie der Sitar bei „Paint It Black“. Am 8. Juni 1969 warfen ihn die anderen aus seiner eigenen Band. Am 2. Juli 1969 wurde er tot aus seinem Swimmingpool geborgen. Er wurde 27 Jahre alt und brachte die Dunkelheit in den
Rock and Roll, die schwarze Magie, wie es in dem Film heißt. (Arte)hols
Eric Clapton: Leben mit dem Blues Irgendwann hat man das Gefühl, dass man sich bei dieser verfilmten Musikerbiografie ein Märchen anschaut, das nicht der Wirklichkeit zu entspringen scheint und überdies lange Zeit mehr eine Hölle auf Erden gewesen ist. Die Mutter lässt ihn als Säugling bei den Großeltern zurück, und als sie Jahre später auf Stippvisite vorbeischaut, macht sie ihm klar, dass er ihr richtiger Sohn nie sein würde. Die Rettung ist die Gitarre, ist der Blues. Und dann der Alkohol, schließlich die harten Drogen. Er erzählt politisch Mist, für den er sich schämt. Und manche Konzerte muss Eric Clapton im Vollrausch nach 30 Minuten abbrechen. Alles steuert in seinem Leben aufs Ende zu, bis großes Glück und größtes Unglück ihn auf einen neuen Weg bringen. Er wird Vater, übernimmt liebevoll Verantwortung und verliert sein Kind durch einen tragischen Unfall. Clapton besinnt sich, schaut aufs Leben, zieht Konsequenzen und hilft jetzt anderen mit einer Entziehungsklinik. Mit zwei Stunden ist das (als Arte-doku) ein langer Film, aber unbedingt sehenswert. los