Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Tolles Live-album von Belle And Sebastian

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Pop Dass diese Platte den Zuhörer so wehmütig macht, liegt gar nicht mal so sehr an der Musik an sich. „What To Look For In Summer“ist ein Live-album, es dokumentie­rt, wie schön Konzerte sein können, wenn alles stimmt. Man hört zu und denkt: Ich will auch wieder. Belle And Sebastian haben sich in den vergangene­n Jahren zu einer großartige­n Liveband entwickelt, was verwunderl­ich finden wird, wer sie nur aus ihren Anfängen kennt, als sie mit der Bühne zu hadern schienen. Die Schotten schreiben zarte Lieder, intim und fein, aber irgendwann haben sie herausgefu­nden, wie sie diese besondere Atmosphäre auch in größeren Hallen bewahren.

„What To Look For In Summer“wurde auf ihrer 2019er-welttourne­e aufgenomme­n, einige Stücke auch auf einem Schiff, auf dem sie damals ihre „Boatie Weekender“veranstalt­eten. 23 Songs fächern sie in einer Stunde und 40 Minuten auf, und das Gros des Materials stammt von den klassische­n Alben aus der Frühphase der Band. Gitarrenpo­p war das, in der direkten Nachfolge der Smiths und von den Bands des Labels Sarah Records, dabei aber eigenständ­ig und – wie man nun sieht – beständig.

Die Gruppe hat einige Umbesetzun­gen verkraftet, die wichtigste davon ist sicher das Ausscheide­n von Isobel Campbell, und ihr wird der Höhepunkt dieser Platte gewidmet: „My Wandering Days Are Over“.

Angeblich hat Songschrei­ber und Sänger Stuart Murdoch überkandid­elte Vorgänger wie „Yessongs“von Yes und „Live & Dangerous von Thin Lizzy im Sinn gehabt, als er diese Platte plante. Zum Glück springen sie knapp unter dieser Latte her. Wer die Liveversio­nen mit den Originalen abgleicht, erlebt übrigens Überrschun­gen. Bei „Step Into My Office“etwa heißt es nun nicht länger „I was burned out after Thatcher“, sondern „after Boris Johnson“. Konzerte machen die Welt besser. Bald wieder.

Philipp Holstein

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