Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Zeichen stehen auf Lockdown-verlängerung
Nordrhein-westfalens Ministerpräsident stellt allenfalls Erleichterungen für Schulen und Kitas in Aussicht. Zugleich attackiert er den Bund, weil Hilfen nur schleppend ausgezahlt werden. Die Kanzlerin erwartet schwierige Verhandlungen.
DÜSSELDORF Nrw-ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat Öffnungsschritte für Schulen und Kitas als das entscheidende Thema der Bund-länder-gespräche an diesem Mittwoch bezeichnet. Man stehe aber vor der Abwägung, ob man bereits am 15. Februar die Schulen öffnen könne oder noch eine Woche warten müsse. „Weitere Öffnungen sind derzeit nicht denkbar“, sagte er im Landtag und verwies auf die Virusmutationen. Harsche Kritik übte er an der schleppenden Auszahlung der Wirtschaftshilfen: „Die Bazooka war angekündigt, nichts ist gekommen.“
Laschet attackierte namentlich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). „Die beiden Herren haben sich verhakt.“Die Vorstellung, es gehe besser, wenn der Bund etwas übernehme, habe sich als falsch erwiesen. Von November bis Ende Februar habe der Bund
„gar nichts auf die Kette gekriegt, und deshalb muss dieses Geld jetzt in den nächsten Tagen fließen. Sonst vernichten wir Existenzen.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich laut Teilnehmern vor der Unionsfraktion gegen Lockerungen der Corona-auflagen vor dem 1. März aus. „Wir würden nichts gewinnen, wenn wir jetzt vorzeitig aus dem Lockdown rausgehen“, sagte sie demnach. Kitas und Grundschulen sollten als Erste wieder öffnen. Der nächste Schritt könnten Friseure sein, dann der Handel und Teilbereiche wie der Sport. Sie erwarte schwierige Verhandlungen mit den Ländern.
Rückendeckung für ihren harten Kurs erhielt sie von Ärzteverbänden. „Wir müssen mit den Infektionszahlen weiter deutlich nach unten. Andernfalls droht uns eine neue dritte Pandemiewelle, die unser Gesundheitssystem überfordern könnte“, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Amtsärzte, Ute Teichert. „Wir müssen unter zehn Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner in der Woche.“Der Wert von 50 sei eine „politische Zahl, die sich nur grob an der Kapazität der Gesundheitsämter zur Nachverfolgung der Kontakte von positiv Getesteten orientiert“. In NRW lag die Inzidenz am Dienstag bei 67. Die Intensivmediziner warnen sogar vor Lockerungen an Schulen und Kitas. „Die Kinder tragen das
Virus in die Familien. Die Lehrkräfte sind alle nicht geimpft – als Intensivmediziner sage ich deshalb: Das ist nicht zu verantworten“, betonte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Gernot Marx. Er verwies auf England, wo Ende 2020 die Schulen trotz des Lockdowns offenblieben und die Infektionszahlen stiegen.
Die Kultusminister sprachen sich dagegen bei weiter sinkenden Corona-zahlen dafür aus, die Schulen ab der kommenden Woche schrittweise wieder zu öffnen. „Die negativen Folgen von Schulschließungen für die Bildungsbiografien und die soziale Teilhabe von Kindern und Jugendlichen müssen begrenzt werden“, heißt es in einem Beschluss.
Der Wirtschaftsrat der CDU dringt ebenfalls auf eine Öffnung der Bildungseinrichtungen und bringt eine Verkürzung der Sommerferien ins Spiel. „Schulen und Kitas müssen dringend wieder geöffnet werden“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger. Vollständiger Präsenzunterricht sollte zuerst in Oberstufen- und Abschlussklassen der Mittelstufen stattfinden. Städte und Gemeinden verlangten eine regional differenzierte Öffnungsstrategie für Schulen und Geschäfte nach bundesweit einheitlichen Kriterien. „Ein regionaler Ansatz für schrittweise Öffnungen ist unverzichtbar. Die Leute sind den Lockdown leid“, sagte der Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Er sorgt sich auch um die Innenstädte: „Wir brauchen dieses Öffnungssignal für die Wirtschaft, andernfalls werden wir unsere Innenstädte hinterher nicht mehr wiedererkennen.“
Laschet handelte sich scharfe Kritik der Nrw-opposition dafür ein, dass das Land kein Konzept zum weiteren Vorgehen in der Pandemie vorgelegt hatte. Grünen-fraktionschefin Josefine Paul sagte: „Ich erwarte vom bevölkerungsreichsten Bundesland schon, dass die Regierung mit einem eigenen Plan, einer eigenen Initiative in die Verhandlung geht.“