Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Tausende Autofahrer harren auf der A2 in der Kälte aus
Bei dem Verkehrschaos in der Nacht zu Dienstag waren viele Helfer im Einsatz. Sie kamen nur noch mit dem Quad durch den hohen Schnee.
BIELEFELD In eisiger Kälte mussten Tausende Menschen die Nacht zu Dienstag in ihren Autos und Lastwagen auf der A2 verbringen. Zeitweise staute sich der Verkehr vom Ruhrgebiet bis nach Niedersachsen auf mehr als 70 Kilometern. Am Montag um Mitternacht alarmierte die Bielefelder Feuerwehr den Arbeiter-samariter-bund, das Rote Kreuz und die Johanniter-unfall-hilfe. 40 Helferinnen und Helfer rückten aus, um die Menschen mit Getränken und Brötchen zu versorgen. „Wir hatten auf der Autobahn Schneehöhen bis zu 50 Zentimetern“, sagt Heiner Hofmann, Geschäftsführer der drei Bielefelder Hilfsorganisationen. „Im Großraum Ostwestfalen hatte es bis Mitternacht fast 50
Stunden pausenlos geschneit, darauf kann sich niemand vorbereiten.“Hofmann ist seit 1979 im Rettungsdienst. „Aber so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt er. „Auf der Standspur lagen 40 Zentimeter Schnee, dann Temperaturen von minus zehn Grad am Bielefelder Berg – da war kein Fortkommen mehr möglich.“
Lastwagenfahrer seien meist gut auf alle Widrigkeiten vorbereitet – mit Mikrowelle und Kaffeemaschine in ihren Fahrerhäusern. Manche schliefen einfach. „Aber die Autofahrer standen da teilweise mit nur viertelvollem Tank“, sagt Hofmann. „Die bekamen dann nicht nur belegte Brötchen, sondern auch Treibstoff von uns, damit sie den Motor laufen lassen konnten.“Das Durchkommen sei aber auch für Helfer schwer gewesen. „Auf allen drei Spuren standen die Lkw, manche quer, wir mussten zum ersten Mal in einer Glatteis-situation ein Quad einsetzen und einen Unimog, aber auch der kam nicht überall durch.“Die Helfer waren bis 9 Uhr im Einsatz.
Das Technische Hilfswerk war in der Nacht mit zehn Großfahrzeugen unterwegs, unter anderem mit Kranwagen, um im Schnee festgefahrene Lkw freizuschleppen. „Das ging bis in die frühen Morgenstunden“, sagt Dirk Fortmeier, einer der Einsatzleiter der Feuerwehr Bielefeld. Viele Autofahrer, die im Stau standen, wollten vor allem wissen, wie lange sie warten müssen, wie Fortmeier erzählt. „Das ist bei einer solchen Lage natürlich schwer vorauszusagen.“Die meisten seien aber besonnen gewesen. „Wenn die Leute mit warmen Getränken versorgt sind, schlägt sich das immer auch auf die Seele nieder“, sagt Fortmeier.
Am Dienstagmorgen hat sich die Polizei mithilfe eines Hubschraubers ein Bild von der Lage verschafft. „Die Lastwagen standen dicht an dicht, wie an einer Perlenkette aufgereiht“, sagt ein Sprecher der Bielefelder Polizei. Sie leitete die Fahrzeuge nach und nach ab. Mehrere Auffahrten waren gesperrt, die Räumungsarbeiten sollten bis zum Abend andauern.
Viele Lkw waren trotz eines Fahrverbots auf der A2 unterwegs. „Ob sie es nicht mitbekommen haben oder es absichtlich ignoriert haben, kann ich nicht beurteilen“, sagt Bernd Löchter, Sprecher der Niederlassung Westfalen der Autobahn Gmbh. Die Sperrung für Lkw-fahrer war am Montag um 22 Uhr aufgehoben worden. „Eine solche Sperrung ist immer die Ultima Ratio, das hatten wir in dem Ausmaß zuletzt vor zehn oder 15 Jahren“, sagt Löchter. Deshalb werde sie nie länger als unbedingt notwendig aufrechterhalten. „Es hörte ja auf zu schneien, sämtliche Park- und Rastplätze auf der A2 waren komplett überfüllt, und die Lastwagen mussten auf die Bundesstraßen ausweichen, wo es auch voll wurde.“Löchter bekam im Minutentakt Anrufe von Fahrern und Spediteuren, wie er erzählt. „Da hieß es: Ich stehe hier in Braunschweig, kann ich nach Venlo?“Alle seien in Stress geraten, weil sie Liefertermine einhalten mussten. „Die Lkw-fahrer fahren ja nicht aus Spaß durch die Gegend, genauso wenig wie die meisten Autofahrer, die sich bei dem Wetter auf den Weg machen“, sagt Löchter.
Immerhin soll es laut dem Deutschen Wetterdienst in den nächsten Tagen nur noch vereinzelte Schneeschauer geben – der Dauerfrost bleibt jedoch erst einmal.