Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Thyssenkrupp verdient wieder Geld
Der Jobabbau geht weiter. Im März entscheidet der Aufsichtsrat über die Stahlsparte.
ESSEN Für Thyssenkrupp klart der Himmel etwas auf: Im ersten Quartal verbuchte der angeschlagene Konzern einen kleinen Gewinn von 78 Millionen Euro, nachdem er im vergangenen Jahr in die roten Zahlen gestürzt war. „Wir sind mit Rückenwind aus unseren Märkten in das neue Geschäftsjahr gestartet“, sagte Finanzchef Klaus Keysberg bei der Vorstellung der Zahlen am Mittwoch. Selbst die Stahlsparte fuhr mit 20 Millionen Euro wieder einen kleinen Quartalsgewinn ein, nachdem sie 2019/2020 einen Verlust von 820 Millionen Euro gemacht hatte. „Wir konnten von Zuwächsen in der Autoindustrie, aber auch von einer gestiegenen Nachfrage der Hausgeräteindustrie profitieren“, so Keysberg. Nun steckt der Konzern einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in die Sparte, wie er es der IG Metall im Zuge der Stahlstrategie 20-30 zugesagt hatte: Die Duisburger Gießwalzanlage soll demnach in eine neue Stranggießanlage mit einem modernisierten Warmbandwerk umgebaut werden. In Bochum ist eine Glüh- und Isolierlinie geplant, der Ruhrgebietstandort soll als Kompetenzzentrum bei Stählen für die Elektromobilität gestärkt werden.
Doch die grundlegenden Probleme bleiben: „Investieren ist nicht alles: Die Pandemie hat unsere Finanzlage nochmals dramatisch verschärft“, warnte Bernhard Osburg, Chef der Stahlsparte. „Es muss allen Beteiligten klar sein, dass wir auch über weitere Personal- und Kostenmaßnahmen sprechen müssen, wenn wir nicht bisher Erreichtes und Vereinbartes gefährden wollen.“Bislang sieht die Strategie 20-30 den Abbau von 3000 Arbeitsplätzen vor. Nun sollen es mehr werden. „Es braucht jetzt einen gemeinsamen Kraftakt mit Belegschaft und Mitbestimmung“, so Osburg. Betriebsrat und IG Metall fordert mehr Transparenz. „Einen weiteren Personalabbau über die Presse anzukündigen, führt nur zu Frust und Wut und erleichtert eine Lösungsfindung sicher nicht“, sagte der Bezirksleiter der IG Metall, Knut Giesler.
Der Sparkurs scheint notwendig – unabhängig davon, wie es mit dem Stahl weitergeht. Thyssenkrupp prüft sowohl die Fortführung in der Gruppe als auch einen Spin-off, bei dem die Stahlsparte abgespalten und an die Börse gebracht werden könnte. Daneben wägt man das Übernahmeangebot des britischen Konkurrenten Liberty ab. „Wir prüfen derzeit sorgfältig das Angebot von Liberty Steel und sind zu einigen Fragen im intensiven Austausch“, so Keysberg. Es gebe aber „Klärungsbedarf bei einer Reihe von komplexen Themen“. Die Richtungsentscheidung soll im März fallen.
Das Stahlgeschäft hatte Thyssenkrupp früher Milliardengewinne beschert. Doch das Brasilien-desaster, Konkurrenz aus Fernost und die Corona-krise setzen die Sparte unter Druck. 27.000 Stahlkocher, davon 22.000 aus NRW, blicken nun gebannt auf den 12. März, dann könnte der Aufsichtsrat entscheiden.