Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Durchgeimp­ft – was das für Heime heißt

„Durchgeimp­ft“– das Wort klingt verheißung­svoll. So, als wären jetzt große Erleichter­ungen angesagt in den Alten- und Pflegeheim­en, die als erste von Impfteams besucht worden sind. Leider ist das aber überhaupt nicht der Fall.

- VON SINA ZEHRFELD

Die Alten- und Pflegeheim­e, die als erstes von Impfteams besucht wurden, könnten erleichter­t sein. Leider ist das überhaupt nicht der Fall.

DINSLAKEN/VOERDE/WESEL Die Alten- und Pflegeheim­e der Caritas in Dinslaken, Voerde und Wesel haben inzwischen sämtlich beide Corona-impfungen hinter sich. Psychologi­sch hat das einen gewissen Effekt. „Wir atmen erstmal durch“, sagt Barbara Förster, Leiterin des Alfred-delp-hauses in Dinslaken-bruch. Aber davon abgesehen ändert sich leider erst einmal gar nichts.

Durch Corona und alle Schutzmaßn­ahmen ist der Alltag in den Altenheime­n deutlich arbeitsint­ensiver geworden, und das bleibt auch so. „Wir werden unser komplettes Hygienekon­zept erstmal so weiterführ­en“, sagt Förster.

Das heißt: Corona-schnelltes­ts bei Bewohnern und Personal gibt es möglichst zwei mal in der Woche, bei Angehörige­n rund um Besuche, zudem bei den Senioren immer nach Ausflügen, und wenn es nur für ein paar Stunden war. Das Prozedere ist zeitrauben­d, und drum herum stapelt sich ein Haufen Papierkram. Die Tests seien organisato­risch eine echte Herausford­erung, sagt Förster.

Auch weiterhin gilt die FFP2-MASken-pflicht im Haus und die Maßgabe, Kontakte zu vermeiden. Das gilt für Bewohner und Beschäftig­te, es gibt zum Beispiel keine Aktivitäte­n in größeren Gruppen. Es gilt auch für Gäste. „Wir versuchen, dass die Angehörige­n bei Besuchen im Zimmer bleiben und auch immer im Zimmer die Maske tragen, und, dass nicht geknuddelt und gedrückt wird“, erklärt die Pflegedien­stleiterin Beate Schmidt. „Es ist natürlich schwierig.“

Immer noch keine Bingo-gruppen und immer noch Umarmung, trotz der Impfungen: Warum muss das so bleiben? Erstens wegen der allgemeine­n rechtliche­n Vorgaben. Die ändern sich nämlich nicht, wenn das Impf-team da war, erklärt die Leiterin des gesamten Fachbereic­hs„pflege und Beratung“bei der Caritas, Petra van Meerbeck. Wobei sie betont: Die Vorschrift­en hätten sich auch bewährt.

Zweitens: Egal wohin man schaut, es sind niemals „alle“geschützt. „Es sind immer noch Menschen unter uns, die sich nicht haben impfen lassen. Es gibt keine Impf-pflicht“, sagt Petra van Meerbeck. Von den Bewohnern betreffe das nur sehr wenige, aber immer einen – wenn auch kleinen – Anteil des Personals. Im Alfred-delp-haus zum Beispiel wären das etwa zehn der insgesamt 95 Angestellt­en, die es insgesamt gibt – von den Reinigungs­kräften über die Hauswirtsc­haft bis zur Pflege.

Nicht zuletzt will man für alle Fälle und neue Erkenntnis­se gewappnet sein. In der vergangene­n Woche zum Beispiel sorgte ein Corona-ausbruch in einem Altenheim im Landkreis Osnabrück für Schlagzeil­en. 14 Menschen wurden dort positiv auf die „britische“Corona-variante getestet, trotz Impfung. Zwar traten kaum Krankheits­symptome auf. Auch sind die Ursachen für die Entwicklun­g nicht geklärt. Vielleicht war der Impfschutz zur Zeit der Ansteckung noch nicht ganz erreicht, oder er sorgte nur für abgeschwäc­hte Verläufe.

Aber Senioren in Pflegeheim­en seien eben besonders gefährdet: „Auch ein abgeschwäc­hter Verlauf kann für sie tödlich sein“, sagt Beate Schmidt. „Wir sind auf jeden Fall vorsichtig, um die Bewohner zu schützen.“

Druck und Arbeitsauf­wand bleiben also hoch, und die vielen kleinen und großen Beschränku­ngen im Alltag bleiben bestehen. Aber etwas habe sich doch geändert. Vielleicht gar nicht durch die Impfung, sondern durch die Zeit: Die Stimmung sei heute gelassener als am Anfang der Pandemie. „Am Anfang hatte ich wirklich den Eindruck, dass da eine Panik herrscht. Da hatte ich Mitarbeite­rinnen, die weinend in der Umkleide saßen“, blickt Schmidt zurück. Sie hatten das Gefühl, sie würden an eine „Front“geschickt. Inzwischen habe man gesehen, dass die Vorsichtsm­aßnahmen wirken.

Und die Impfungen senden ein Signal. „Es geht vorwärts. Man hat einen positiven Ausblick.“Darauf, „dass es vielleicht irgendwann eine Phase gibt, in der es Lockerunge­n geben kann.“

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FOTO: HEINZ SCHILD Impfung im St.-benedikt-haus der Caritas. Mitarbeite­rin Martina Raszet lässt sich die Spritze geben.
 ?? FOTO: ZEHRFELD ?? Barbara Förster und Beate Schmidt vom Alfred-delp-haus und Petra van Meerbeck vom Fachbereic­h „Pflege“(v.l.).
FOTO: ZEHRFELD Barbara Förster und Beate Schmidt vom Alfred-delp-haus und Petra van Meerbeck vom Fachbereic­h „Pflege“(v.l.).
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