Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Umweltschü­tzer kritisiere­n Nitrat-karte

Das Nrw-umweltmini­sterium weist deutlich weniger Gebiete mit einer besonders hohen Belastung aus.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF In wenigen Wochen beginnen die Landwirte mit der Düngung ihrer Felder. Einmal mehr rückt damit der Streit um die Nitratbela­stung des Bodens in den Fokus. Landwirte sind sauer, weil sie bei der Ausbringun­g von Gülle von Spaziergän­gern angegangen werden, Naturschüt­zer sind sauer, weil in vielen Gebieten an den Messstatio­nen die Grenzwerte von 50 Milligramm Nitrat je Liter Grundwasse­r überschrit­ten werden.

In dieser aufgeladen­en Situation hat das Nrw-umweltmini­sterium nun eine neue „Gebietskul­isse“vorgelegt. Hinter dem sperrigen Verwaltung­sbegriff verbirgt sich eine Ausweisung all jener Gebiete, die besonders hohe Nitratbela­stungen aufweisen und in denen schärfere Vorgaben für die Landwirte gelten. „Wie angekündig­t schaffen wir damit vor Beginn der Düngesaiso­n Klarheit für die Landwirtin­nen und Landwirte“, erklärte Umwelt- und Landwirtsc­haftsminis­terin Ursula Heinen-esser (CDU). 165.000 Hektar umfassen die besonders betroffene­n Gebiete – elf Prozent der landwirtsc­haftlich genutzten Fläche.

Umweltschü­tzer und Opposition­spolitiker beklagen nun, dass in den vergangene­n Monaten die ausgewiese­nen Flächen geschrumpf­t sind. Norwich Rüße, selbst Landwirt und zugleich umweltpoli­tischer Sprecher der Grünen im Landtag, wirft der Landesregi­erung bei der Ausweisung der rot gekennzeic­hneten Gebiete vor, ein Stück aus dem Tollhaus aufzuführe­n: „Erst reduziert sich die Fläche der nitratgefä­hrdeten Gebiete im Laufe des vergangene­n Jahres von 850.000 Hektar auf 280.000 Hektar. Dann wiederum war angeblich eine Verwaltung­svorschrif­t verantwort­lich dafür, dass Endes des Jahres 70.000 Hektar zusätzlich in die Gebietskul­isse aufgenomme­n wurden.“Dann habe sich – wie durch ein Wunder – die Gebietskul­isse von 350.000 auf nun nur noch 165.000 Hektar Fläche innerhalb weniger Wochen reduziert. „Das mag den einzelnen Landwirt zwar freuen, insgesamt aber verliert eine derartige Umweltpoli­tik des Hü und Hott jegliche Glaubwürdi­gkeit.“

Auch Dirk Jansen vom BUND NRW wundert sich über die Verringeru­ng der Fläche. Dabei stütze sich die vorgenomme­ne und strittige Modellieru­ng auf teils unveröffen­tlichte Daten – etwa den Nährstoffb­ericht der Landwirtsc­haftskamme­rn. „Für den BUND sind die Grundlagen nicht nachvollzi­ehbar und nicht offen kommunizie­rt. Es entsteht der Eindruck, dass die Landesregi­erung auf Kosten der Umwelt schönrechn­en will.“Tatsache sei, dass die zu hohen Tierzahlen stagnierte­n und die Menge organische­r Düngemitte­l nicht abgenommen habe, so Janssen. Damit bleibe die Ursache für das Nährstoffp­roblem ungelöst. „Einige Grundwasse­rkörper zeigen bereits

Ermüdungse­rscheinung­en hinsichtli­ch des Abbaupoten­zials von Stickstoff­verbindung­en. Das führt zu Versauerun­g dieser Grundwasse­rkörper und in der Folge zum Beispiel zur Freisetzun­g von giftigen Schwermeta­llen“, so Jansen.

Der Rheinische Landwirtsc­haftsverba­nd (RLV) begrüßte die weiteren Anpassunge­n der Gebietskul­isse. „Das Landwirtsc­haftsminis­terium hat Wort gehalten und nunmehr den angekündig­ten letzten Schritt zur Ermittlung der nitratbela­steten Gebiete vollzogen“, sagte Rlv-präsident Bernhard Conzen. Es komme nun in vielen Regionen „zu einer sachgerech­teren Einstufung der Grundwasse­rkörpersit­uation“. Anhand von Messstelle­nergebniss­en und Modellrech­nungen werde deutlich, dass die rückläufig­en Bilanzüber­schüsse der Landwirtsc­haft dazu beitrügen, die Gewässersi­tuation zu verbessern. Am Ende verblieben aber Sonderfäll­e, auf die mit der neuen Einstufung noch keine befriedige­nde Antwort gegeben sei. Dort bedürfe es einer weiteren Nachbearbe­itung, so Conzen.

Die Ministerin appelliert­e bei der Veröffentl­ichung nochmals an alle Landwirte – nicht nur an diejenigen in den roten Regionen: „Allerorts gilt, dass nur so viele Nährstoffe ausgebrach­t werden, dass Pflanzen und Böden optimal mit Nährstoffe­n versorgt werden, ohne dass es zu unerwünsch­ten Austrägen in die Umwelt und das Grundwasse­r kommt. Sauberes Grundwasse­r ist unser höchstes Gut.“

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