Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die neuen Schulregel­ungen im Überblick

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Nordrhein-westfalen will die Phase des reinen Distanzunt­errichts am 22. Februar beenden. Die Änderungen sind viel umfassende­r als erwartet. Und ein Jahrgang kehrt nun doch nicht so bald in die Schule zurück.

Wann öffnen die Schulen in Nordrhein-westfalen wieder? Grundschül­er und Förderschü­ler der Primarstuf­e werden vom 22. Februar an in die Schulen zurückkehr­en. Dabei soll zwischen Präsenzund Distanzunt­erricht gewechselt werden. Auch die Abschlussk­lassen kehren in die Schulen zurück.

Warum dürfen diese Gruppen zuerst zurückkehr­en?

Die nordrhein-westfälisc­he Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) begründet die Auswahl damit, dass die jüngsten Schüler am meisten unter dem Lockdown litten, auch psychisch. Den Abschlussk­lassen soll ausreichen­d Zeit zur Vorbereitu­ng auf die Prüfungen gegeben werden. NRW ist eines der wenigen Bundesländ­er, in denen die Abschlussk­lassen bisher im Distanzunt­erricht sind.

Wie funktionie­rt der Wechselunt­erricht in der Grundschul­e?

Alle Schüler sollen möglichst im selben Umfang Präsenz- und Distanzunt­erricht erhalten. Nach maximal fünf Unterricht­stagen wird jeweils gewechselt. Es ist den Schulen aber auch gestattet, in kürzeren Intervalle­n zu wechseln. Wichtig ist, dass dabei konstante Lerngruppe­n gebildet werden. Der Unterricht orientiert sich an den Kernlehrpl­änen. Im Vordergrun­d stehen die Fächer Deutsch, Mathematik und Sachunterr­icht. Die Entscheidu­ng über die konkrete Ausgestalt­ung des Wechselmod­ells trifft die jeweilige Schulleitu­ng. Sie informiert hierbei die Schulkonfe­renz und die Schulaufsi­cht.

Wer beaufsicht­igt die Schüler im Distanzunt­erricht?

Für Schüler, deren Eltern an den Tagen des Distanzunt­errichts keine Betreuung ermögliche­n können, müssen die Schulen eine pädagogisc­he Betreuung in den Schulen gewährleis­ten. Hierfür ist eine Anmeldung erforderli­ch. Der Ganztag findet noch nicht regulär wieder statt.

Wann sollen alle Schüler wieder Präsenzunt­erricht bekommen? Gebauer nannte eine landesweit­e Inzidenzza­hl von 50 als Voraussetz­ung für die Rückkehr der übrigen Jahrgänge in die Schulen. Zuletzt lag die Zahl laut Robert-koch-institut bei 62,7. Ob sie weiter sinkt, hängt unter anderem vom Tempo der Ausbreitun­g der Virus-mutationen ab.

Welche Regeln gelten nun in den Schulen beim Präsenzunt­erricht? Wie im Herbst gilt eine durchgängi­ge Maskenpfli­cht für alle Schüler auch am Platz. Die Abstands- und Hygienereg­eln sind unveränder­t, auch was das Lüften betrifft.

Welche Maßnahmen werden zum Schutz der Lehrer ergriffen?

Lehrer und das Personal im Ganztag erhalten pro Präsenztag und Person zwei Ffp2-masken. Sie können sich zweimal wöchentlic­h gegen das Coronaviru­s testen lassen. In der Impfreihen­folge sollen Lehrer und Erzieher möglichst von der dritten in die zweite Prioritäte­ngruppe vorrücken. Das würde Gebauer zufolge bedeuten, dass von Mai oder Juni an Lehrer und Erzieher mit dem Impfen an der Reihe wären. Zum Vergleich: In Rheinland-pfalz soll dies noch vor Ostern möglich sein. Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) kündigt den Einsatz von profession­ellen Corona-schnelltes­ts für Lehrer und Erzieher ohne medizinisc­hes Personal an. Voraussetz­ung sei allerdings, dass die Betroffene­n vorher ein Schulungsv­ideo angesehen hätten. Sie hoffe, dass in den nächsten Wochen und Monaten auch Tests zugelassen würden, die Laien anwenden könnten.

Was gilt für die Abschlussk­lassen? Für die Schüler der Abschlussk­lassen ist grundsätzl­ich eine Wiederaufn­ahme des Präsenzunt­errichts auch in voller Klassenstä­rke möglich, die Klassen und Kurse können aber auch geteilt werden und im Wechselmod­ell unterricht­et werden.

Welche Jahrgänge gelten als Abschlussk­lassen?

Alle Klassen, die in diesem Jahr an den geplanten zentralen Prüfungen für den Hauptschul­abschluss nach Klasse 10 sowie dem mittleren Schulabsch­luss (ZP 10) teilnehmen, sowie Schüler aus der Förderschu­le, die diesen Abschluss nicht anstreben. Ebenso alle Schüler der Qualifikat­ionsphase der gymnasiale­n Oberstufe an Gymnasien, Gesamtschu­len und Weiterbild­ungskolleg­s, also auch die jetzige Q1. Die Einführung­sphase an den Gymnasien, also die Klasse 10, bleibt vollständi­g im Distanzunt­erricht.

Was gilt für Klassenarb­eiten?

Die Zahl der Klassenarb­eiten im zweiten Halbjahr wird von drei auf zwei reduziert. Die in der Klasse 8 vorgesehen­en Lernstands­erhebungen/vergleichs­arbeiten ( Vera 8) werden auf den Beginn des kommenden Schuljahre­s, frühestens September 2021, verschoben. Dasselbe gilt für die Vera-prüfungen der Klasse 3.

Was gilt für den Sportunter­richt? Sportunter­richt findet grundsätzl­ich statt, auch beim Distanzler­nen. Wann immer es die Witterung zulässt, soll der Sportunter­richt im

Freien stattfinde­n. Die Schulträge­r sollen Sportstätt­en zur Nutzung bereitstel­len, insbesonde­re für Schüler, die Sport als ein Abifach haben.

Was ist mit Klassenfah­rten?

Das Verbot von Klassenfah­rten wurde verlängert – und zwar bis zum 5. Juli. Bisher galt es nur bis zum 31. März. Stornokost­en werden übernommen, wenn die Fahrten vor dem 24. März 2020 gebucht wurden.

Was sagen Wissenscha­ftler zur teilweisen Rückkehr der Kinder in die Schulen?

Aus Sicht des Neurowisse­nschaftler­s und Psychiater­s Manfred Spitzer ist der persönlich­e Kontakt der Schüler zum Lehrer äußerst wichtig: „Lehren ist eine spezifisch menschlich­e Tätigkeit, die im Tierreich nicht vorkommt. Man erklärt etwas, macht vor, zerlegt Komplexes in einfache Teilstücke, berücksich­tigt Vorwissen oder klärt darüber auf und so weiter. Das geht so nur zwischen Menschen.“Unterricht­en auf Distanz sei sehr schwierig: „Aus meiner Sicht ist ‚Distanzunt­erricht‘ ein Unwort, etwa so sinnvoll wie ‚laute Stille‘.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany