Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

So schlecht wie zuletzt 2010

Als letzte Deutsche scheitert Mona Barthel bei den Australian Open. Es ist die schwächste deutsche Bilanz bei einem GrandSlam-turnier seit elf Jahren.

- VON LARS REINEFELD UND WOLFGANG MÜLLER

MELBOURNE (dpa) Barbara Rittner fehlt wegen der Corona-krise in diesem Jahr bei den Australian Open. Eigentlich gehört die Chefin des deutschen Damen-tennis bei den vier Grand-slam-turnieren zu den Stammgäste­n, was sich auch in Zukunft nach Corona nicht ändern wird. Allerdings wird sich die 47-Jährige auf kürzere Reisen einstellen müssen. Denn die Zeiten, in denen eine deutsche Spielerin bei einem der wichtigste­n Events bis zum Ende dabei ist, dürften erst einmal vorbei sein. „Es kann im Übergang sogar auch mal sein, dass wir bei Grand Slams nur ein oder zwei deutsche Spielerinn­en im Hauptfeld haben“, sagte die passenderw­eise ganz in Schwarz gekleidete Rittner am Donnerstag­morgen in ihrer Rolle als Eurosport-expertin.

Sicher, Angelique Kerber ist in guter Verfassung immer noch der Einzug in ein Viertel- oder Halbfinale, vielleicht sogar ein Endspiel zuzutrauen. Allerdings hat die deutsche Nummer eins dies seit ihrem Triumph in Wimbledon 2018 nicht mehr geschafft, dieses Mal schied die 33-Jährige in Melbourne wie schon bei den French Open zuvor bereits in der ersten Runde aus.

Dieses sportliche Schicksal teilte sie in Melbourne mit Laura Siegemund und Andrea Petkovic, lediglich Mona Barthel schaffte es in Runde zwei. Letztmals überstand 2008 in Wimbledon nur eine deutsche Spielerin bei einem der vier Grand-slam-turniere die Auftaktrun­de - die inzwischen zurückgetr­etene Julia Görges. Nun hat es erstmals seit den French Open 2010 keine deutsche Dame in Runde drei geschafft.

Barthel unterlag am Donnerstag in Melbourne der Tschechin Karolina Muchova klar mit 4:6, 1:6. Das erste Highlight der Saison ist für die deutschen Damen damit schon wieder vorbei, bevor es in der Metropole am Yarra River überhaupt so richtig losgeht.

„Wir haben das ja kommen sehen“, hatte Rittner unabhängig vom ernüchtern­den Abschneide­n der deutschen Damen in Australien bereits vor dem Turnier gesagt. Denn schon lange ist offensicht­lich, dass hinter der sogenannte­n Goldenen Generation um Kerber, Petkovic, Görges und der immer wieder von Verletzung­en zurückgewo­rfenen Sabine Lisicki eine große Lücke klafft. „Es wird eine Weile dauern, bis wir wieder an diese Erfolge anknüpfen. Momentan sehe ich da keine Überfliege­rin“, sagte Rittner.

Da die Generation hinter Kerber und Co. mit Spielerinn­en wie Annika Beck, Carina Witthöft, Antonia Lottner, Dinah Pfizenmaie­r oder Anna-lena Friedsam aus unterschie­dlichen Gründen weggebroch­en ist, wird es einige Jahre dauern, bis deutsche Spielerinn­en auf der WTATour wieder für Erfolge sorgen. „Diese Lücke, die da jetzt aufklafft, da müssen wir nicht drumrumred­en, war schon mal geschlosse­n“, analysiert­e Rittner am Donnerstag, „aber sie sind eben aus verschiede­nsten Gründen auf der Strecke geblieben.“

Rittner setzt ihre Zukunftsho­ffnungen auf Spielerinn­en, die alle um die Jahrtausen­dwende oder sogar noch später geboren sind. Jule Niemeier, Nastasja Schunk oder Alexandra Vecic sind Namen, denen sie beim Deutschen Tennis Bund eine gute Zukunft zutrauen. Wie auch der 17 Jahre alten Hamburgeri­n Noma Noha Akugue, die unlängst die deutschen Meistersch­aften gewann. „Wir haben gute Talente. Was die brauchen, ist Erfahrung. Denen muss man Zeit geben“, sagt Rittner.

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FOTO: IMAGO IMAGES Als letzte deutsche Tennisspie­lerin in Melbourne in Richtung Heimreise: Mona Barthel.

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