Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
In Voerde haben die Narren das Rathaus eingenommen
VOERDE P.K. Wer seit Altweiber und noch bis Aschermittwoch im Rathaus das Sagen hat, wird jedem klar, der in diesen Tagen daran vorbeikommt: die Jecken! Der 1. Voerder Karnevalsverein ( VKV) hat Donnerstagvormittag nämlich seine vier nagelneuen Fahnen an dem Verwaltungsgebäude gehisst.
Dem Anlass entsprechend zeigte sich das Wetter von seiner besten Seite: Für die Jecken, die sich eine Menge virtuelle Aktionen haben einfallen lassen, damit die Session durch Corona nicht komplett ausfällt, gab es an dem sehr winterlichen Altweibertag Sonne satt. Und die brachte die Vkv-vereinsfahnen hoch droben am Mast noch einmal mehr zur Geltung. Der Rathaus-chef ward zu dem Zeitpunkt nicht gesichtet – ob er sich da schon in die ihm närrisch auferlegte Regierungspause begeben hatte? Doch in der obersten Rathaus-etage hätten sich alle am Fenster „die Nase platt gedrückt“, erzählte der zweite Vkv-vorsitzende Martin Scholz nach Ende der Aktion schmunzelnd.
Alternativ zum analogen Sturm auf das Rathaus, der in Folge der Pandemie ausfallen musste, wurde den Möhnen virtueller Ersatz auf dem Weg in die Schaltzentrale der Macht geboten. Stellvertretend für sie waren Lisa Hüsken ( VKV) und Pia Awater vom MGV „Eintracht“losgezogen, um nach einem Start im Innenhof des Seniorenparks „Carpe Diem“und weiteren Stationen in der Innenstadt schließlich Kurs auf das Rathaus zu nehmen.
Dort galt es, Bürgermeister Dirk Haarmann für die närrischen Tage des Amtes zu entheben. Das Video hat der VKV auf seiner Youtube-seite eingestellt. Mit minimaler jecker Verspätung – drei Minuten nach 11.11 Uhr, sagt Martin Scholz – war es verfügbar. Und los konnte es gehen mit der Einnahme des Rathauses. Die hatte sich coronakonform auf den Zutritt nur einer Person – namentlich Pia Awater – beschränkt. Und sie hatte sich, wie das Fehlen von Schneemassen in den Bildern verriet, bereits vor Altweiber zugetragen.
Der Bürgermeister zeigte bei seiner Entmachtung keine Gegenwehr. Wie auch in Zeiten von Corona. Der Schlips fiel der eigenen Schere zum Opfer, auch die Herausgabe des Schlüssels erfolgte widerstandsund kontaktlos. Denn: „Karneval darf in Voerde nicht ausfallen. Wir sind karnevals- und sturmerprobt“, stellt Dirk Haarmann in dem Video fest. Den Möhnen teilt er mit, er habe ihnen ein hübsches Arbeitspaket übrig gelassen.
Schnipp-schnapp, die Krawatte war ab, eingeleitet mit einem Handwurf Konfetti. Sodann ging es ins Büro zur „Übergabe“des Schlüssels, der aus dem Fenster an einem Seil an die unten stehende Empfängerin heruntergelassen wurde – mit den Worten „Hallo, du einsame Möhne. So, viel Spaß beim Regieren.“