Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Harte Zeiten: So geht’s weiter mit Thekentratsch
Kabarettistin Heike Beckerwill wieder auf die Bühne – mit dem Duo Thekentratsch oder solo.
DINSLAKEN (bes) Es ist eine Hängepartie, für die ganze Kultur, fürs Kabarett, für Thekentratsch. „Man kann nur warten, dass es irgendwie wieder wird“, sagt Heike Becker, „es wird verschoben und verschoben und ganz ehrlich, in der Szene geht man davon aus, dass in diesem Jahr nichts mehr läuft.“
Die Zukunft von Thekentratsch, sie hängt weniger an der neuen halben Stelle der einen Hälfte des Dinslakener Kabarett-duos „Frau Sierp“alias Kerstin Lammert im Rathaus, sie wird sich in den Kleinkunsttheatern quer durch die Republik entscheiden. Noch stehen Termine auf der Homepage von Thekentratsch bis ins nächste Jahr. „Aber keiner weiß derzeit, was erneut verschoben oder ganz abgesagt wird“. Eins kann „die Becker“aber den vielen Fans auch hier in Dinslaken versichern: „Wenn Auftritte kommen , treten wir auf.“
Das Problem gerade bei den Kleinkunsthäusern liegt in der Größe. Wenn die Hygieneauflagen mit ihren Abstandsregeln noch lange die Kapazität von Häusern und Veranstaltern belasten, die bislang immer mit einem gut ausgelasteten bis ausverkauften Haus kalkuliert haben, sind Kabarettabende vor halbleeren Reihen schlicht und einfach unternehmerisch nicht darstellbar. Und selbst wenn die derzeit geschlossenen Häuser wieder öffnen, bleibe die bange Frage, wer von den Zuschauern überhaupt käme. „Unser Publikum ist überwiegend 50+“, so Heike Becker. „Es ist gefährdet und deshalb wahrscheinlich auch besonders vorsichtig.“
Die drängende Frage lautet deshalb nicht: Wann darf wieder gespielt werden? Sondern eher: Welche Häuser und Veranstalter gibt es noch, wenn wieder gespielt werden darf? Die Zukunft von Thekentratsch wird, brutal ausgedrückt, von der Rentabilität einer Duobesetzung abhängen. Denn Kabarett ist tatsächlich ein Broterwerb, auch wenn die Krise einmal wieder deutlich machte, dass dies immer noch nicht bei allen in Politik und Gesellschaft angekommen ist. Die Kleinkunst ist eine Branche selbstständiger Unternehmer von den Künstlern bis zu den Agenten, Technikern und Ticketverkäufern, die sich unterm Strich nicht von anderen Zweigen der freien Wirtschaft unterscheidet und letztendlich Summen zu erwirtschaften hat, von denen Menschen leben können müssen. Und ein Leben ohne Bühne kann und will sich „die Becker“nicht vorstellen.
Schon jetzt gibt es – in Dinslaken ist das weniger bekannt – ein Leben neben Thekentratsch. Heike Becker arbeitet als Schauspielerin, hat auch Solo-nummern mit eigenen Kunstfiguren. Jetzt, in der Karnevalszeit, sollte sie in einer Produktion des Ebertbads in Oberhausen mitspielen. Dafür nahm das Ensemble Gesangsproben mit Ffp2-masken und sechs Metern Abstand in Kauf – alle drei Tage einen Coronatest zu machen, hätte alleine das Budget erschöpft. Doch jetzt sind auch diese Proben eingestellt. Man hofft, die Produktion vielleicht im Sommer Open Air zeigen zu können. Das neue Thekentratsch-programm hatte im letzten Jahr Premiere. Vor Autos an der Trabrennbahn, es folgte ein Abend im Burgtheater, der in Blitz und Donner endete und zwei Shows in Voerde. Der nächste Auftritt von Thekentratsch stünde im Juli im Fantastival an. Mehr als 1000 Karten seien verkauft. Ob die Veranstaltung stattfindet, ist fraglich.
„Die Becker“braucht die unmittelbare Interaktion mit ihrem Publikum. Das, woraus sie ihre Energie zöge, sei, im Publikum jemanden zu entdecken, der gegen seinen Willen von seiner Frau zu Thekentratsch geschleppt wurde, nun persönlich angesprochen und mitgerissen würde. Heike Becker plant für eine Zukunft auf der Bühne. Mit Thekentratsch, wenn es gewünscht ist, mit der Schauspielerei, mit eigenen Projekten – „wie bislang also, aber wohl mit einer anderen Gewichtung“.
Im nächsten Jahr möchte sie für ein komplettes Solo-programm buchbar – und bezahlbar – sein. „Die Bühne ist mein Leben, das ist mein Beruf.“Doch all das ist später. „Es gibt Zeiten, die sind einfach nicht lustig“, sagt Heike Becker und wird sehr ernst. „Und da mach ich auch nicht einfach auf ha-ha-lustig.“