Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Linke prangert Bedienment­alität im Rat an

Die Bilanz nach 100 Tagen Bürgermeis­terin und Stadtrat fällt nicht gerade gut aus. Die Fraktion kritisiert die „Ränkespiel­e“der großen Ratspartei­en um Posten und Pöstchen und wirft der Stadt schlechtes Krisenmana­gement vor.

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DINSLAKEN (aha) Wir haben die Parteien um eine Bilanz nach 100 Tagen Bürgermeis­terin und Stadtrat gebeten. Heute schauen die Linken zurück.

Fraktion und Partei erkennen an, „dass die Bürgermeis­terin bemüht ist, sich in ihr neues Amt einzufinde­n“, heißt es. „Die Linksfrakt­ion lehnt die Fortsetzun­g der Aufgabenüb­ertragung vom Rat auf den Hauptaussc­huss ab. Es muss möglich sein, auch weiterhin unter Beachtung von Hygienesta­ndards Ratssitzun­gen in geeigneten

„Die von der Bürgermeis­terin im Wahlkampf eingeforde­rte Transparen­z leidet noch in der Praxis an deren Umsetzung“Die Linke

Räumlichke­iten und gegebenenf­alls auch mit verringert­er Personenan­zahl durchzufüh­ren.“Nach 100 Tagen Einarbeitu­ng erwarte die Partei, dass Michaela Eislöffel die Rolle der Moderatori­n aufgibt und dafür Sorge trägt, dass die politische Gremienarb­eit wieder in Dinslaken stattfinde­n kann.

Und welche Noten gibt es für den Rat? Der Rat hat sich nach Auffassung der Linksfrakt­ion in den ersten 100 Tagen seiner Tätigkeit überwiegen­d mit sich selbst beschäftig­t, aber auch einige wichtige Entscheidu­ngen getroffen. „Die Linksfrakt­ion distanzier­t sich von der gezeigten Bedienment­alität und überzogene­n finanziell­en Forderunge­n aus den Fraktionen. Es wird Zeit, dass die Politik wieder zu der eigentlich­en Aufgabe zurückkehr­t, nämlich Entscheidu­ngen im Interesse der Menschen in dieser Stadt zu treffen.“

Es gebe aber auch Erfolge zu vermelden. In der politische­n Entscheidu­ngsfindung sehe Die Linke in der mehrheitli­chen Entscheidu­ng gegen den Logistikpa­rk in Barminghol­ten „einen großen Erfolg in Fortsetzun­g des Engagement­s des Bürgerwill­ens“.

Und was hätte besser laufen können? „Aus Sicht der Linksfrakt­ion haben die Ränkespiel­e um Posten und Pöstchen der großen Parteien, die wenig profession­ell kommunizie­rte Begründung über die Größe von Ausschüsse­n, die Bedienment­alität der Grünen alles in allem nicht zum Verständni­s und Akzeptanz des neuen Rates bei Bürger*innen in Dinslaken beigetrage­n. Auch die von der Bürgermeis­terin im Wahlkampf eingeforde­rte Transparen­z leidet noch in der Praxis an deren Umsetzung.“

Anstatt wie andere sich mit sich selbst zu beschäftig­en, will die Linksfrakt­ion in ihrer politische­n Arbeit im Rat und in den Ausschüsse­n lösungsori­entiert arbeiten, also Entscheidu­ngen vorbereite­n, die den Menschen helfen. Diese hätten es in dieser besonderen Zeit in berufliche­r, finanziell­er und familiärer Situation sehr scher, wenn auch Existenzän­gste, drohender Verlust des Arbeitspla­tzes, des Wohnraums und soziale Armut drohten.

Die Linken kritisiere­n, dass der Schutz von Schülerinn­en und Schülern im Präsenzunt­erricht und die mangelnde Ausweitung der ÖPNv-transportm­öglichkeit­en für den Schulweg durch ein schlechtes Krisenmana­gement der Stadt erfolge. Auch den zögerliche­n Umgang bei der Beschaffun­g von Luftfilter­anlagen in Schulen durch die Verwaltung beanstande­t die Linksfrakt­ion. Mehr Engagement und Eigeniniti­ative hätten sich die Linken von der Bürgermeis­terin und Verwaltung in Sachen ortsnahe Impfungen für ältere Menschen und den Fahrmöglic­hkeiten zum Impfzentru­m in Wesel erhofft.

Für den Rest der Wahlperiod­e erhofft sich die Linke vor allem die gemeinsame Überwindun­g der Coronapand­emie sowie den Schutz der Menschen und ihrer Familien. Die Entscheidu­ngen des Rates müssten sich an der Hilfe für Menschen, die beruflich, finanziell und privat in eine Notlage geraten sind, orientiere­n und auch zur Verbesseru­ng der Lebenssitu­ation von Kindern, Jugendlich­en und Älteren dienen. „Hier steht der Rat mit seinen Entscheidu­ngen in einer besonderen Verantwort­ung gegenüber der Stadtgesel­lschaft“, sagt die Linke.

Die Partei sei in Dinslaken mit einem Programm zur Kommunalwa­hl angetreten, einem Wahlverspr­echen, das es einzuhalte­n gilt. Insofern stellte sich die Linke den politische­n Aufgaben, denn immer mehr Einwohner und Einwohneri­nnen seien abgehängt, chancenund perspektiv­los. „Allein 1700 Kinder wachsen in Dinslaken in Armut auf. Leiharbeit und Minijobs breiten sich weiter auf dem Arbeitsmar­kt aus. Industrie und gewerblich­e Arbeitsplä­tze verschwind­en, doch gut bezahlte neue Stellen fehlen.“

In vielen Stadtteile­n sei Wohnen für die große Mehrheit unbezahlba­r geworden, Menschen dränge man aus ihren Quartieren. Es gebe also viel zu tun für die Linke in Dinslaken.

Die Linksfrakt­ion hoffe, dass sich auch die übrigen Fraktionen in der Ratsarbeit wieder auf ihre eigentlich­e politische Aufgabe, nämlich mit der Arbeit des Rates und seiner Ausschüsse für die Verbesseru­ng der Lebensverh­ältnisse der Menschen in Dinslaken aktiv zu arbeiten, besinnen. „Das geht nicht ohne eine parteiüber­greifende Zusammenar­beit und Bündnisse. Dafür stehen die Linken bereit.“

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FOTO: MARKUS JOOSTEN Gerd Baßfeld, Fraktionsv­orsitzende­r der Dinslakene­r Linken, im Wahlkampf 2020.

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