Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Frankreich muss bei der Atomkraft umdenken
Frankreich setzt bei seiner Energieversorgung weiter auf Atomkraft. Das ist keine Überraschung – die meisten Franzosen vertrauen unbeirrt nach wie vor auf den billigen Strom, selbst wenn er aus veralteten Kraftwerken kommt. Auch Präsident Emmanuel Macron macht keinen Hehl aus seiner Sympathie für die Kernenergie. Kritik wird vom Staatsoberhaupt lächelnd zurückgewiesen, meist mit dem Hinweis auf die Probleme etwa beim deutschen Atomausstieg. Der große Nachbar schaltet die nuklearen Meiler ab und muss dafür schmutzige Kohle verfeuern – was das Klima weiter schädigt.
Also investiert Frankeich nun sehr viel Geld in oft marode Kernkraftwerke, damit diese noch einige Jahre länger am Netz bleiben können. Die Frage ist, ob Paris diese Milliarden nicht besser in den Ausbau von alternativen Energieformen investiert hätte. Denn der Strom aus Atomkraftwerken ist zwar billig, aber er ist keine Zukunftstechnologie.
Emmanuel Macron, der sich auf internationaler Bühne gerne als Vorkämpfer für Klima- und Umweltschutz präsentiert, agiert in diesem Fall als pragmatischer Nationalist. Denn für Frankreich würde eine Abkehr von der Stromerzeugung aus Atomkraft eine radikale Wende in Sachen Versorgungsstrategie bedeuten. Das Land ist stolz auf seine Unabhängigkeit – gerade auf dem Energiesektor. Allerdings entspricht dieses Denken schon lange nicht mehr der Wirklichkeit. Denn auch Frankreich muss Strom aus dem Ausland importieren, wenn es zu Versorgungsengpässen kommt – etwa durch die immer häufiger auftretenden Pannen in den veralteten Reaktoren. Paris wird sich von seinem traditionellen Denken lösen müssen, um die Energieversorgung in Zukunft ökologisch und grenzübergreifend zu lösen.
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