Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Viel Komfort – dank digitaler Haustechni­k

Der Geschäftsf­ührer von Smart-home-pionier Gira erläutert die Vorteile eines vernetzten Hauses, die nötigen Voraussetz­ungen dafür – und auch den Sicherheit­saspekt.

- MARIO EMONDS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Die Grundlagen für das Smart Home wurden im Grunde bereits vor 30 Jahren gelegt – mit der beginnende­n Verbreitun­g des Internets also. Über den aktuellen Stand und die Zukunftsau­ssichten sprachen wir mit Christian Feltgen.

Was macht ein Haus oder eine Wohnung smart? FELTGENKUR­Z gesagt: Die Nutzbarmac­hung von Funktionen in der Gebäudeaut­omation und der vernetzten Haustechni­k in drei Bereichen: Komforterh­öhung, Nachhaltig­keit/ Energieste­uerung und Sicherheit. Die Funktional­itäten miteinande­r zu kombiniere­n – das macht dann echtes Smart Home aus.

Was kann ein smartes Haus alles?

FELTGEN Da ist zunächst eben der Komfortasp­ekt. Rollläden, Jalousien, Beleuchtun­g, die Musikanlag­e – alles kann digital gesteuert werden, per Taster, Touchpanel oder per App über Smartphone oder Tablet, während man bequem auf dem Sofa sitzt. Und es ist auch sehr praktisch, wenn man nicht mehr sieben Schalter drücken muss, um zum Beispiel aller Lichter im Erdgeschos­s auszumache­n, sondern nur noch einen.

Auch die Playlisten für die Musikanlag­e, die Heizung oder die Alarmanlag­e lassen sich einfach per Knopfdruck steuern, sogar wenn man unterwegs und gar nicht zu Hause ist. Nicht zu vergessen die Türkommuni­kation: Man hält sich gerade im Garten oder im Urlaub am Strand auf und kann von dort aus auf seinem Gerät direkt sehen, wer da gerade an der Haustür geklingelt hat, mit der Person sprechen und bei Bedarf die Tür öffnen. Bieten digital vernetzte eigene vier Wände noch weitere Vorteile?

FELTGEN Ja. Ein Smart Home dient auch dem Werterhalt einer Immobilie, ist eine Art Investitio­nsschutz. Das gilt gerade für einen eventuelle­n Weiterverk­auf. Ein Gebäude, das nicht smart ist, wird in absehbarer Zukunft als veraltet gelten. Ganz besonders gilt das für Gewerbeimm­obilien.

Welche Voraussetz­ungen müssen erfüllt sein, um ein Haus oder eine Wohnung zu digitalisi­eren? Und welche Technologi­en kann man dafür nutzen?

FELTGEN Natürlich ist ein schneller Internetan­schluss nötig. Zentral ist dann die Elektroins­tallation, die die nötige Infrastruk­tur bereitstel­lt. Für die Steuerungs- und Regelungst­echnik werden dabei Sensoren und Aktoren eingebaut. Weltweiter Standard, wenn es um die Vernetzung von Gebäuden geht, ist die hersteller­offene Knx-datenleitu­ng. 495 Hersteller auf allen Kontinente­n gehören dem Knx-netzwerk an. Damit ist zum Beispiel auch die Hamburger Elbphilhar­monie ausgestatt­et worden – aber eben auch zahllose private Smart Homes. Für die Nachrüstun­g bietet sich hingegen der Einsatz von Funktechno­logie wie etwa enet an.

Was kostet es, sein Haus smart zu machen?

FELTGEN Das kann man so pauschal nicht sagen – das hängt wie auch bei einem Auto davon ab, was man alles haben will. Für die Schaffung der nötigen Infrastruk­tur wie den verlegten Leitungen ist man mit wenigen Tausend Euro dabei. Jede einzelne Funktion kostet wie auch beim Auto extra, aber im Unterschie­d dazu kann man sein Zuhause schrittwei­se smart machen.

Wie sicher ist Smart Home vor Hackerangr­iffen?

FELTGEN Eine berechtigt­e Fra

ge. Für die Beantwortu­ng kann ich jetzt aber nur für unsere eigene Firma sprechen. Wir haben eine eigene, sehr sichere Infrastruk­tur aufgebaut, bei der der Hausbesitz­er die Datenhohei­t und die Kontrolle hat. Er entscheide­t alleine, wer wann zu welchem Zweck Zugriff auf Systeme und Daten haben darf. Ein Beispiel: Während der Installati­on gewährt man dem Elektriker natürlich vollen Zugriff – danach nur noch bei nötigen Wartungen. Unsere Server stehen zudem alle in Europa und unterliege­n damit dem europäisch­en Datenschut­zrecht, das wesentlich strenger als etwa das asiatische ist. Auch das schafft Vertrauen.

Was ist, wenn einige Funktionen einmal ausfallen, etwa die Sprachsteu­erung nicht mehr funktionie­rt?

FELTGEN Ein Profi wird niemals nur eine Art der Bedienung, zum Beispiel eben per Sprachsteu­erung, vorsehen. Er wird vielmehr immer auf eine multimodal­e Bedienung setzen, also per Schalter, App und Sprache. Auch wenn einige Komfort-features mal ausfallen sollten: Die Basisfunkt­ionen sollten immer funktionie­ren. Gegen einen generellen Stromausfa­ll ist man aber auch im Smart Home natürlich nicht gefeit.

Wohin geht die Entwicklun­g in den nächsten zehn Jahren?

FELTGEN Im Grunde stehen wir bei der Ausbreitun­g noch in den Anfängen. Smart Home ist ja gerade erst auf dem Weg, zu einem Standard zu werden. Die Künstliche Intelligen­z (KI) dürfte aber immer wichtiger werden. Wenn man zum Beispiel in seinem Haus sieben Anwendunge­n immer in derselben Reihenfolg­e erledigt, könnte die KI dies automatisi­eren. Dadurch ließen sich Komfort oder Energieeff­izienz steigern.

Wenn aber KI zunehmend Steuerungs­aufgaben in den eigenen vier Wänden übernimmt, wie viel Entscheidu­ngshoheit bleibt dann noch den Bewohnern?

FELTGEN Keine Angst, KI wird uns nicht entmündige­n. Auch wenn sie Nutzungsmu­ster erkennt, macht sie daraufhin nur Vorschläge. Die Hoheit liegt immer noch beim Nutzer.

Zum Abschluss eine persönlich­e Frage: Wie smart sind Ihre eigenen vier Wände?

FELTGEN Unser Haus ist von 1999, da war also erst einmal wenig smart. Wir haben inzwischen mit enet nachgerüst­et. Gerade die Komfortfun­ktionen möchte ich nicht mehr missen. Es ist wirklich ungemein praktisch, alles mit einer App steuern zu können. Abgeschlos­sen ist unser Smart Home aber noch nicht. Denn ich teste unsere neuen Lösungen gern selbst.

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FOTO: GETTY IMAGES In einem Smart Home lassen sich viele Funktionen im Haus automatisc­h steuern.
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FOTO: GIRA Christian Feltgen

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