Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Gastronomie will schneller öffnen
Bund und Länder sind gewillt, trotz anhaltend hoher Inzidenzwerte erste Lockerungsschritte einzuleiten. Möglich machen das die Impfkampagne und eine massive Ausweitung der Tests. Hotels und Gaststätten reicht das nicht.
DÜSSELDORF Kurz vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch zeichnen sich erste Öffnungsschritte ab. Nach einem Entwurf aus dem Bundeskanzleramt, den Staatskanzleien von Bayern und Berlin sowie dem Bundesfinanzministerium soll der Lockdown zwar bis zum 28. März verlängert werden, dafür soll es aber auch eine massive Ausweitung der Tests geben. Lehrkräfte, Erzieher und Schüler könnten demnach pro Präsenzwoche bis zu zwei kostenlose Schnelltests erhalten. Unternehmen würden verpflichtet, Mitarbeiter, die nicht im Homeoffice arbeiten, zu testen. Allen Bürgern würde ein- bis zweimal pro Woche ein kostenfreier Test im Testzentrum ihrer Kommune angeboten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte bei der Cdu-fraktionssitzung nach Teilnehmerangaben, sie erwarte von dem Treffen behutsame Schritte, gehöre aber zum „Team Vorsicht“. Doch dank Eigen- und Schnelltests könne man auch mehr wagen. Die Kontaktbeschränkungen könnten laut Entwurf ab dem 8. März gelockert werden. Dann dürften sich zwei Haushalte mit maximal fünf Personen treffen, Kinder bis 14 Jahren nicht mitgezählt.
Sinkt die Inzidenz unter einen bestimmten Wert, in Rede stehen 35 oder 50, wären sogar Treffen des eigenen und zweier weiterer Haushalte mit bis zu zehn Personen möglich. Über Ostern, also vom 2. bis zum 5. April, würden die Kontaktbeschränkungen noch einmal gelockert, um Familientreffen möglich zu machen.
Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte könnten wieder öffnen. Bleibt die Inzidenz dann stabil unter 35, dürfte der gesamte Handel mit begrenzter Kundenzahl wieder öffnen. Zusätzlich könnten Museen, Galerien, Zoos, botanische Gärten und Gedenkstätten wieder Besucher empfangen. Kontaktfreier Sport soll in kleinen Gruppen im Außenbereich ermöglicht werden. Ein weiterer Öffnungsschritt ist für den Fall geplant, dass sich die Inzidenz 14 Tage lang nicht verschlechtert. Dann dürfte die Außengastronomie öffnen, Theater und Opernhäuser sowie Kinos könnten wieder Gäste empfangen, außerdem wären kontaktfreier Sport im Innenbereich und Kontaktsport im Außenbereich wieder möglich.
Das Hotel- und Gaststättengewerbe zeigte sich mit Blick auf Restaurants und Hotels enttäuscht. „Diese erneute Hinhaltetaktik und Konzeptlosigkeit ist nicht akzeptabel“, sagte Bernd Niemeier, Präsident des Dehoga NRW. Das Infektionsrisiko sei in vielen Bereichen laut Robert-koch-institut niedrig: „Wir beginnen jetzt, über flächendeckende und kostenfreie Schnell- und Soforttests nachzudenken, in Österreich sind sie seit Monaten im Rahmen einer landesweiten Teststrategie selbstverständlich, genauso wie Schnelltests aus Deutschland, denen bei uns die Zulassung fehlt.“
Nrw-schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) brachte derweil weitere Schulöffnungen ins Gespräch. Nach ihren Vorstellungen sollen die weiterführenden Schulen Mitte März in den Wechselunterricht starten – unabhängig von der Inzidenz. Dies würde die Klassen fünf bis neun sowie die Einführungsstufe an den Gymnasien betreffen, die seit Dezember im Homeschooling sind. Bisher hatte Gebauer auf eine Inzidenz unter 50 gepocht, um weitere Jahrgänge zurückzuholen. Nach ihrem Willen sollen die Anteile des Präsenzunterrichts bei höheren Inzidenzen sinken.
Die Öffnungsschritte werden auch mit dem Fortschritt beim Impfen begründet. Das Bundesgesundheitsministerium plant eine Änderung der Corona-impfverordnung. So sollen Personen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren künftig „vorrangig“mit dem Impfstoff von Astrazeneca geimpft werden, wie aus einem Entwurf hervorgeht. Gemäß dem Entwurf sollen auch ärztliche Einzelfallentscheidungen möglich sein und dazu entsprechende Öffnungsklauseln eingeführt werden. Die Einhaltung der von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Zeitabstände zwischen erster und zweiter Impfung bei den jeweiligen Impfstoffen soll ausdrücklich geregelt werden. Eine zentrale Neuerung der geänderten Impfverordnung ist auch, dass Arztpraxen und Betriebsärzte beim Impfen flächendeckend einbezogen werden. ( Mitarbeit: Kirsten Bialdiga, Jan Drebes, Maximilian Plück, Jana Wolf)