Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
NRW soll Fahrradland werden
Jeder vierte Weg soll auf zwei Rädern gemacht werden – so plant es Minister Wüst. Aber viele Details sind noch offen.
DÜSSELDORF Die Landesregierung hat einen ersten Entwurf für ein Gesetz zur Förderung des Radverkehrs in Nordrhein-westfalen vorgelegt. Landesverkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) stellte ihn am Dienstag vor. „Damit schaffen wir die Grundlage für den weiteren systematischen Ausbau eines landesweiten Radwegenetzes und machen Mobilität in NRW besser, sicherer und sauberer“, sagte Wüst, der selbst aus der Zweirad-region Münsterland kommt.
Mit dem Gesetzentwurf versucht die schwarz-gelbe Landesregierung, Forderungen der Bürgerinitiative „Aufbruch Fahrrad“aufzugreifen. Die hatte 2019 mehr als 200.000 Unterschriften für das Ziel gesammelt, dass in NRW bis 2025 ein Viertel der Strecken mit dem Rad zurückgelegt werden sollen. Daraufhin hatte der Landtag entschieden, dass NRW wie angeregt das erste Fahrradgesetz eines deutschen Flächenlandes erhalten soll.
Das Ziel, den Radverkehr von rund neun Prozent des Verkehrsmixes auf rund ein Viertel zu erhöhen, greift das Fahrrad- und Mobilitätsgesetz nun zwar auf, aber es wird kein Zieldatum genannt: „Je schneller, umso besser“, sagte Wüst, aber er wolle nicht Ziele festlegen, deren Erreichen von Kommunen und Bürgern abhänge. Wüst: „Wir wollen deutlich mehr für die Infrastruktur tun. Es wird nicht am Geld scheitern. Aber die Menschen entscheiden über ihr Verkehrsverhalten.“Er erinnerte daran, dass die jetzige Landesregierung mit aktuell 54 Millionen Euro den Bau von Radwegen stärker fördere als je zuvor, auch dank weiterer Bundeshilfe gehe es weiter voran.
Es sei aus seiner Sicht nicht unrealistisch, bald eine viel höhere Zweiradnutzung zu beobachten: „In Coesfeld macht das Rad schon deutlich mehr als 30 Prozent des Verkehrs aus. Dank des Pedelec-booms werden Zweiräder auch in hügeligen Gegenden öfter genutzt. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir schon 2024 rund 24 Prozent schaffen“, fügte der Minister hinzu.
Damit es vorangeht, wird mit dem Gesetz ein Radvorrangnetz mit landesweiten Routen definiert. „Wir machen aus einem Flickenteppich ein zusammenhängendes Netz“, so Wüst. Für Radschnellwege wird ein Bedarfsplan durch das Land erstellt, was den Bau erleichtern soll. „Das wird Klagen erschweren“, sagt Wüst.
Er will den Ausbau des Radverkehrs in Kombination mit dem öffentlichen Nahverkehr und anderen Konzepten vernetzter Mobilität vorantreiben. Radstationen an Haltestellen, Fahrradgaragen, Leihräder und E-scooter sollen ebenso unterstützt werden wie Lademöglichkeiten für E-bikes überall.
Das neue Regelwerk schreibt Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer vor. Der faktische Vorrang des Autos geht also zu Ende. Dabei sollen auch Fußgänger stärker unterstützt werden. So sieht die Vorlage attraktive und barrierefreie Gehwege vor. Ampelschaltungen sollen Fußgängern künftig gleiche
Rechte wie Rad- und Autofahrern einräumen. Wüst schloss nicht aus, den Autoverkehr manchmal einzuschränken, damit Fahrräder und Fußgänger mehr Platz haben, aber er will Konfrontationen vermeiden. „Man kann Raum umververteilen, aber man muss davor überlegen, wie alle weiter mobil sein können.“
Um die Kommunen zu unterstützen, sollen sie besser beim Bau von Radwegen beraten werden. Als eher zu wenig ambitioniert bewertete Wüst die Idee der Grünen, jeder Kommune pro Bürger und Jahr einen Euro für Radwegeplaner zur Verfügung zu stellen.
Umgekehrt kritisiert der Fahrradclub ADFC, Wüsts Konzept gehe nicht weit genug. Jetzt müssten in den Anhörungen Details geklärt werden, sagt der Adfc-landesvorsitzende Thomas Semmelmann: „Wir brauchen einen konkreten Zeitplan für den Ausbau der Radwege auf jeder Ebene. Planung, Umsetzung, Pflege müssen im Land und in Kommunen zusammengeführt werden.“Die Grünen sehen das ähnlich.