Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Auch Verwaltungsmitarbeiter geimpft
19 Angestellte der Gemeinde Schermbeck wurden Sonntag geimpft. Die Impf-aktion in Hamminkeln wird geprüft.
HAMMINKELN/SCHERMBECK Schermbecks Bürgermeister Mike Rexforth hatte auch die Presse eingeladen für Sonntagvormittag. Gemeinsam mit Allgemeinmediziner Christian Neukam warb er bei der Bevölkerung dafür, sich mehr testen und mehr impfen zu lassen. Nur das sei der Ausweg aus der Pandemie. Mehr geimpft hat Neukam dann am Sonntag tatsächlich. Am Nachmittag in Hecheltjens Festscheune in Hamminkeln-havelich rund 200 Mitarbeiter von offenbar überwiegend systemrelevanten Firmen. Und am Vormittag bei dem Termin mit Rexforth in Schermbeck: sieben Feuerwehrleute – und 19 Verwaltungsmitarbeiter der Gemeinde Schermbeck.
Der zweite Teil dieser Nachricht ist im Strudel der Ereignisse zunächst untergegangen. Sowohl die Angestellten der Firmen als auch die Verwaltungsmitarbeiter gehören in die Prioritätsgruppe 3, die offiziell noch nicht am Zug ist. Laut Bürgermeister Rexforth wurden etwa Mitarbeiter des Bauhofs und der Bereiche Entsorgung und Abwasser geimpft. Alle Beteiligten erklären ihr Verhalten damit, dass sie davon ausgegangen waren, Prioritätsgruppe 3 sei bereits an der Reihe. Sie haben zudem unbedingt verhindernt wollen, dass der Astrazeneca-impfstoff weggeworfen werden muss. Christian Neukam hat dazu auf seiner Website auch eine Erklärung veröffentlicht. „Bei der Priorisierung wurden die Vorgaben des Bundesgesundheitsministeriums und die Hinweise zum Impfstoff von Astrazeneca berücksichtigt“, schreibt Neukam.
Das sehen das Nrw-gesundheitsministerium und der Kreis Wesel, aber auch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KV) anders. Sie alle verweisen darauf, dass die Priorisierung strikt einzuhalten ist. Ein Sprecher von Gesundheitsminister Karl-josef Laumann sagte: „Ein derartiges Verhalten ist vollkommen inakzeptabel“. Die KV und die Ärztekammer Nordrhein prüfen den Fall. Eine Sprecherin der Kammer sagte unserer Redaktion, man werde im Rahmen der Berufsaufsicht prüfen, ob der Arzt schuldhaft gegen seine Berufspflichten verstoßen hat. Sollte ein Verstoß vorliegen, könnte die Ärztekammer eine Rüge, eine Rüge mit Ordnungsgeld oder ein berufsgerichtliches Verfahren einleiten. Ein Sprecher der KV erklärte, dass der Rechtsanwalt des Arztes eine schriftliche Erklärung angekündigt habe. Die Frage von Sanktionen werde erst nach Abschluss der Prüfung des Sachverhalts erörtert.
Der Schermbecker Hausarzt war in die Kritik geraten, weil er am Sonntag in der Hamminkelner Scheune 200 Personen geimpft hat, die offenbar überwiegend in Gruppe 3 gehören. Zudem hatte er zuvor 80 Euro pro Impfung von den Firmen der jeweils geimpften Mitarbeiter in Rechnung stellen wollen. Zu den Geimpften gehören rund 70 Mitarbeiter eines Borkener Entsorgungsunternehmens.
Von seiner Forderung gegenüber den Firmen sah Neukam inzwischen ab, sein Rechtsanwalt hat laut einer Sprecherin des Kreises Wesel diesen am Dienstag um Erstattung der bei der Impf-aktion entstandenen Kosten gebeten. Die Sprecherin sagte dazu: „Der Kreis Wesel hat deutlich gemacht, dass er aufgrund der Sachlage für eine Kostenerstattung keinen Anlass sieht.“Der Kv-sprecher sagte auf Anfrage, mündlich sei erklärt worden, dass keine Zahlungen geflossen sind. Die schriftliche Stellungnahme bleibe aber abzuwarten.