Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Sexueller Missbrauch: Hünxer nach 30 Jahren verurteilt
HÜNXE (bm) Rund 30 Jahre ist es her, dass ein 61-jähriger Mann aus Hünxe sich mehrfach an dem zu Beginn der Taten fünf Jahre alten Sohn seiner damaligen Lebensgefährtin verging. In zweiter Instanz schloss das Landgericht Duisburg nun den Strafprozess ab.
Dass der Mann überhaupt noch bestraft werden konnte, ist die Folge mehrerer Gesetzesänderungen, mit denen die Verjährungsfrist für
Missbrauch immer wieder verlängert wurde. Mehr als ein Vierteljahrhundert nach den Taten war der Geschädigte zur Polizei gegangen und hatte die Vorfälle angezeigt. Weil der heute 34 Jahre alte Mann noch immer unter den psychischen Folgen der Taten leidet, die ihm nicht nur sein Leben zur Qual machen, sondern auch das Leben seiner kleinen eigenen Familie extrem belasten. Inzwischen ist der Geschädigte selbst
Vater eines Kindes. Doch oft, beispielsweise beim Duschen, bricht er unvermittelt in Weinkrämpfe aus und verfällt in tiefe Depressionen.
1991, als er fünf Jahre alt war und mit seiner Mutter und deren Lebensgefährten in einer Wohnung in Hünxe lebte, hatte sich der Angeklagte ihm erstmals sexuell genähert. Bis August 1993 kam es zu einem weiteren Übergriff und zwei Vorfällen.
Mit den Vorwürfen konfrontiert, hatte der Angeklagte schon gegenüber der Polizei ein rückhaltloses Geständnis abgelegt, das er auch bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht Wesel im April 2020 wiederholte. Der Strafrichter verurteilte ihn wegen sexuellen Missbrauchs in vier Fällen zu zwei Jahren Gefängnis.
Ein Fehler, wie das Landgericht bei der Berufungsverhandlung feststellte. Denn die zwei Taten, bei denen der Angeklagte nur sich selbst, nicht aber das Kind anfasste, sind bereits verjährt. Dass für die beiden noch verbleibenden Taten auch noch nach mindestens 28 Jahren eine Strafe ausgesprochen werden konnte, ist nur aufgrund mehrerer Gesetzesänderungen möglich. Als der Angeklagte die Übergriffe beging, wären sie spätestens nach zehn Jahren verjährt gewesen.
Die letzte Gesetzesänderung erfolgte 2016. Seitdem beginnt die Verjährung erst mit dem 30. Lebensjahr eines Geschädigten. Die Berufungskammer verhängte wegen zweifachen sexuellen Missbrauchs eine Haftstrafe von 18 Monaten auf Bewährung. Man gehe davon aus, dass der Frührentner, der auch seit 1993 keine neue Straftat beging, sich auch in Zukunft straffrei führen werde, so die Vorsitzende in der Urteilsbegründung.