Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Konsumimpuls durch Geimpfte
Eine Studie misst vor allem den Älteren eine hohe Bedeutung für die Wirtschaft zu.
BERLIN Die geplanten Lockerungen für vollständig gegen das Coronavirus Geimpfte und Genesene rücken näher. Der Bundestag stimmte am Donnerstag der von der Bundesregierung vorgelegten Rechtsverordnung zu. Die Regelung sieht vor, dass für vollständig Geimpfte und Genesene die geltenden Ausgangsund Kontaktbeschränkungen wegfallen. Das heißt unter anderem, dass Beschränkungen für private Treffen nicht gelten, wenn daran ausschließlich Menschen mit vollständiger Impfung oder überstandener Infektion teilnehmen.
Die Wirtschaft kann hoffen: Nach einer noch unveröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft könnten die Lockerungen für Corona-geimpfte im Einzelhandel und in der Gastronomie unmittelbar einen zusätzlichen Konsumimpuls von mehr als acht Milliarden Euro pro Monat auslösen. Allein die Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen, die gute Aussichten auf eine baldige Impfung hat, gibt der Studie zufolge in normalen Zeiten monatlich mehr als 4,4 Milliarden Euro für Restaurants, Hotels, Freizeit- und Kultureinrichtungen aus. Dies entspreche einem guten Viertel aller Konsumausgaben in den beiden Segmenten.
Hinzu kommen weitere rund 1,4 Milliarden Euro an zusätzlichen Konsumausgaben von der Gruppe der 65- bis 69-Jährigen, die bisher wegen des Corona-lockdowns ausfallen mussten. Die 70- bis 79-Jährigen, die besonders häufig bereits geimpft sind, steuern demnach weitere zwei Milliarden Euro monatlich für die beiden Segmente bei. Auch die über 80-Jährigen geben in normalen Zeiten monatlich rund 630 Millionen Euro für Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie für Besuche in Gaststätten und Hotels aus. „Diese Werte können eine empirische Orientierung dafür liefern, welche Impulse in diesen beiden besonders von Einschränkungen belasteten Konsumbereichen durch eine vollständige Lockerung auftreten können“, heißt es in der Studie. Das Institut nutzte für die Berechnungen Daten des Statistischen Bundesamtes zu den Konsumausgaben 2019.
Mögliche Lockerungen der Corona-beschränkungen für Geimpfte und Genesene könnten aus Sicht einiger Psychologinnen und Psychologen auch zu Unmut führen. Zu Schwierigkeiten bei der Akzeptanz der Beschlüsse könne es etwa kommen, wenn Geimpfte bei den Urlaubsplänen bevorzugt behandelt werden, sagte Ernst Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer. Der Sozialpsychologe Ulrich Wagner von der Uni Marburg sieht vor allem den geplanten Wegfall der Impfpriorisierung im Sommer kritisch: „Wird die Priorisierung aufgegeben oder ist es nicht mehr erkennbar, nach welcher Maßgabe geimpft wird, dann entsteht ein Gefühl der Ungerechtigkeit.“