Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Lesekreis sehnt das Ende der Pandemie herbei
Der Literaturkreis „Rotkehlchen“besteht seit 2014. Während des Lockdowns gab es zwar keine Treffen, gelesen wurde trotzdem.
WESEL (tha) „Rotkehlchen“von Jo Nesbo war der Titel des ersten Buches, welches der Lesekreis aus Wesel um das Ehepaar Kaiser besprach. Und so nannten sie dann auch ihren monatlich stattfindenden Lesekreis – Rotkehlchen. Seit 2014 besteht der Zusammenschluss aus Literatur-interessierten schon und hat mit der Zeit so großes Interesse geweckt, dass sich aus dem einen nun schon zwei Kreise gebildet haben. Die einen treffen sich unter normalen Umständen alle vier Wochen im Hotel Kaiserhof, die anderen im Café Minchen. Die Zeiten sind allerdings schon lang nicht mehr so normal wie einst und darunter leidet auch der Lesekreis. „Über Email-verkehr lässt es sich nicht so gut über die Bücher diskutieren und streiten, wie wenn man zusammen sitzt“, erklärt Manfred Kaiser, Gründer der „Rotkehlchen“.
Zusammen mit seiner Frau Karin kam der ehemalige Englisch- und Geschichtslehrer vor einigen Jahren aus Hattingen an den Niederrhein. Schon dort hatte das Ehepaar einen Lesekreis gegründet. „Wir haben mit einigen weiteren Leuten eine Stadtteilbücherei vor der Schließung gerettet“, erzählt Karin Kaiser. Aus diesem Zusammenschluss hätte sich dort dann auch ein Lesekreis gebildet. Ein paar Jahre später, nach dem Umzug in die Hansestadt, vermisste das Ehepaar seine Gewohnheit, mit anderen über Literatur zu diskutieren, und prompt gründeten sie in Wesel wieder einen Lesekreis.
Die Corona-pandemie hat die Zusammentreffen seit mehr als einem Jahr unmöglich gemacht. Gelesen wurde aber trotzdem, denn Zeit war ja da. Und so mussten die Lesefreunde auf Alternativen zurückgreifen, online oder telefonisch. „Da mussten Literatur-vorschläge halt schriftlich eingebracht werden“, erklärt Manfred Kaiser. Thematisch haben sich die Rotkehlchen mal mit den Niederlanden beschäftigt oder auch ganz aktuell mit Pandemien. „Wir haben ,Die Pest’ von Albert Camus gelesen und ähnliches“, so Kaiser. Dabei wären ihnen einige Parallelen zur jetzigen Situation aufgefallen, die die Romane noch lebhafter erscheinen ließen.
Sehr schade empfanden die Kaisers, dass wegen Corona die Veranstaltung „Unsere Stadt liest ein Buch“im Februar nicht stattfinden konnte. Sie hatten das Event langfristig geplant und viel Zeit und Mühe in die Vorbereitung gesteckt. „Wir hatten sogar die Zusage der Autorin Karin Kalisa aus Berlin“, erzählt Manfred Kaiser nicht ohne Stolz. Sie hat das Buch „Sungs Laden“geschrieben, welches die Rotkehlchen für die Veranstaltung ausgewählt hatten. Ein Roman über die deutsche Nachkriegsgeschichte und vietnamesische Vertragsarbeiter in der DDR. Über eine Podiumsdiskussion und verschiedene andere Programmpunkte hinaus hätten sie auch eine kulinarische Lesung im Restaurant „Asian Cuisine“am Kornmarkt arrangiert.
Wenn die Umstände es wieder zulassen, wollen die Eheleute Kaiser einzelne Programmpunkte gerne nachholen. Und dann natürlich auch wieder den Lesekreis in Präsenz fortführen. „Ich würde mir wünschen, bald endlich wieder ein bisschen streiten zu können“, sagt Manfred Kaiser und lacht.