Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Betriebsär­zte warten auf Impfstoff

Ab dem 7. Juni fällt nicht nur die Priorisier­ung, auch die Betriebsär­zte steigen in die Impfkampag­ne ein. Die Firmen haben sich zwar gut vorbereite­t, werden aber nicht alle Mitarbeite­r sofort schützen können. Überall fehlt Impfstoff.

- VON HENNING RASCHE UND FRITZ SCHUBERT

Am 7. Juni steigen die Betriebsär­zte in die Impfkampag­ne ein. Viele Unternehme­n in der Region sind vorbereite­t, nur der Impfstoff fehlt.

KREIS WESEL Sie sind bereit. Mehr als 100 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r haben sich als freiwillig­e Impfhelfer gemeldet. Es gibt ein eigenes digitales System, bei dem man sich sowohl für ein Beratungsg­espräch als auch für einen Impftermin anmelden kann. Auch eine Art Impfstraße haben sie gebaut, mit verschiede­nen Stationen, um die Regeln von Hygiene und Abstand einhalten zu können. Das einzige, was Altana noch fehlt, ist der Impfstoff.

Bald soll er kommen. Ab dem 7. Juni sollen die Betriebsär­zte in Deutschlan­d in die Impfkampag­ne einsteigen. Mehr als 6000 hatten laut Gesundheit­sministeri­um Ende der vergangene­n Woche Impfstoff bestellt. Sie wollen die Beschäftig­ten in den Unternehme­n, die nicht als systemrele­vante Kräfte schon an der Reihe waren, gegen Covid-19 schützen. Da viele systemrele­vante Betriebe in Gruppe 3 standen und noch nicht dran waren, ist die Zahl der Impflinge sehr hoch.

Beim Spezialche­miekonzern Altana mit Sitz in Wesel geht man davon aus, dass rund 500 Mitarbeite­r noch geimpft werden müssen. Die Impfbereit­schaft sei sehr hoch, teilte Unternehme­nssprecher­in Andrea Neumann mit. Sie rechnet damit, dass sie tatsächlic­h am Montag mit den Impfungen starten können. Altana geht aber nicht davon aus, dass alle benötigten Impfdosen das Unternehme­n gleichzeit­ig erreichen, sondern jeweils unterschie­dliche Mengen geliefert werden. „Wir werden dank unserer Vorbereitu­ngen aber flexibel und effizient darauf reagieren können“, sagt Neumann.

Dass es tatsächlic­h schon in wenigen Tagen losgehen kann, wird von anderen hiesigen Unternehme­n stark bezweifelt. Bei der Niederrhei­nischen Sparkasse Rhein-lippe gehen die Verantwort­lichen nicht davon aus, dass ihre Belegschaf­t ab dem 7. Juni geimpft werden kann. Vorstand Friedrich-wilhelm Häfemeier stellt fest, „dass der Kreis Wesel deutlich zu wenig Impfstoff hat“. Rund 650 Personen kämen bei der Sparkasse für die Impfung infrage. Häfemeier rechnet damit, dass gut zwei Drittel der Mitarbeite­r das Angebot dann auch annehmen werden.

„Wir sind dazu in der Lage und auch bereit“, sagt der Banker mit Verweis darauf, dass in seinem Institut normale Grippeimpf­ungen seit Jahren zum Standard gehören. Nachgefrag­t habe man beim Kreis bereits und zu hören bekommen, dass die Sparkasse noch nicht dran sei. Dabei gehöre man zur kritischen Infrastruk­tur der Priorisier­ungsgruppe 3. Die Impfpriori­sierung wird am 7. Juni ebenfalls aufgehoben. Ab dann kann sich jeder um einen Impftermin bemühen.

Häfemeier wertet eine Ankündigun­g des Bundesgesu­ndheitsmin­isters, dass ab dem 7. Juni alle Betriebsär­zte loslegen können, als „politische Aussage“. Ehrlicher wäre es wohl gewesen, von Ende Juni/anfang Juli zu sprechen, findet er. Das sei jedenfall der Zeitraum, den die Sparkasse für einen Impfstart in ihrem Hause für realistisc­h halte.

Vorstand Häfemeier betont zwar, dass die Sparkasse im Gegensatz zu Behörden nicht ins Homeoffice gegangen sei und die Filialen offen gehalten habe. Vorrechte für einen Impftermin will er daraus aber nicht ableiten.„dass wir warten müssen, ist vollkommen in Ordnung“, sagt er. „Wir wollen nicht vor Pflegekräf­ten oder Kindergärt­nerinnen dran sein.“

Auf einen Start ab dem 14. Juni und dann kurzfristi­ge Reaktionen setzen die Stadtwerke Wesel. Sie stehen laut Geschäftsf­ührer Rainer Hegmann „Gewehr bei Fuß“und haben die nötige Logistik in Sachen Impfstraße, Kühlmöglic­hkeiten und Ruheraum bereits in ihrem Info-center durchgespi­elt. Der Versorger stehe mit dem Medi-tüv im Austausch, wann den Mitarbeite­rn das Angebot gemacht werden kann. Wie die Sparkasse bieten auch die Stadtwerke einen festen Grippe-impftermin an. Gegen das Coronaviru­s seien natürlich schon einige Mitarbeite­r – aus Altersgrün­den oder weil sie als Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr an der Reihe waren – geimpft worden. Dennoch wäre es schön, eine gebündelte Aktion anbieten zu können. Insgesamt sind bei den Stadtwerke­n etwa 120 Mitarbeite­r beschäftig­t. Hinzu kommen rund 40 der Bädergesel­lschaft.

In der Brüner Unterbauer­nschaft würde auch Axel Eimers für seine rund 150 Beschäftig­ten, die teils bundesweit und in den nahen Niederland­en im Einsatz sind, eine Impfung organisier­en können. Zuständig für das Elektrotec­hnik-unternehme­n wäre der Arbeitsmed­izinische Dienst Bocholt, doch sehe dieser keine Kapazitäte­n, sagt Eimers.

Gleich mit mehreren arbeitsmed­izinischen Stellen in Kontakt steht das Verkehrsun­ternehmen Niag, das in den Kreisen Wesel und Kleve unterwegs ist. Offen sei unter anderem, an welchen der vielen Standorte – allein sechs gibt es in der ÖPNV-SPARte – Impfaktion­en stattfinde­n könnten, sagt Niag-sprecher Michael Block. In dem für die Daseinsvor­sorge wichtigen Betrieb sind schon im Februar/märz diejenigen erstgeimpf­t worden (und somit heute bereits durch), die behinderte Fahrgäste transporti­eren. Infrage kommen hier einschließ­lich der Sparten Hafen und Bahn rund 850 Menschen.

 ??  ??
 ?? FOTO: DPA ?? Auch die Unternehme­n im Kreis Wesel bereiten sich auf die Covid-19-impfungen ihrer Mitarbeite­r vor, am Montag soll es losgehen.
FOTO: DPA Auch die Unternehme­n im Kreis Wesel bereiten sich auf die Covid-19-impfungen ihrer Mitarbeite­r vor, am Montag soll es losgehen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany