Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Was bei Bestattung­en erlaubt ist

Opas Urne im Kleidersch­rank oder lieber das Grab mit dem Lieblingst­ier teilen? Mancher hätte dies gerne, nicht alles ist aber gestattet. Ein Überblick über Beerdigung­sformen in Deutschlan­d.

- VON MONIKA HILLEMACHE­R

Gedanken an den Tod sind unangenehm. Vorkehrung­en zu treffen für die letzte Ruhe ist deshalb nicht jedermanns Sache. Tun sollte man es dennoch. Denn in Deutschlan­d ist vieles rund um Bestattung und Friedhof reglementi­ert. Nicht alles, was mancher für sich und seine Angehörige­n wünscht, lässt sich realisiere­n. Wichtige Fragen und Antworten zu dem, waswie möglich ist – oder eben nicht.

Sarg oder Urne zu Hause – ist das erlaubt? Grundsätzl­ich gelten in Deutschlan­d Beisetzung­spflicht und Friedhofsz­wang. Die Regeln stammen noch aus dem Preußische­n Landrecht von Anfang des 19. Jahrhunder­ts. Später wurden sie in die Friedhofsu­nd Bestattung­sgesetze der 16 Bundesländ­er übernommen. Kommunale Friedhofss­atzungen regeln Details.

Die Vorgaben besagen, dass Särge und Urnen auf gewidmeten Friedhofsf­lächen beizusetze­n sind. Das Aufbewahre­n von Urnen in der Wohnung ist deshalb in der Regel genauso verboten wie Bestattung­en im eigenen Garten.

Das hat zum einen hygienisch­e Gründe, aber auch ganz praktische: Was passiert mit Opas im Garten verbuddelt­er Urne, wenn das Grundstück verkauft wird? Und: Wer bekommt denn die Urne? Diesem Streitpote­nzial beugt der Friedhofzw­ang vor.

Es gibt Ausnahmen: Bremen etwa erlaubt auf Antrag das Verstreuen von Asche auf dem eigenen Grundstück. Ausnahmen gelten auch für Seebestatt­ungen. Und Waldbestat­tungen sind nur in Forsten erlaubt, die entspreche­nd gewidmet als öffentlich­er Friedhof dienen.

Darf jemand vom Zugang zum Grab ausgeschlo­ssen werden?

Nein, die Grabstelle soll für alle Trauernden zugänglich sein. „Das gewährleis­tet der Friedhof als öffentlich zugänglich­er Ort“, sagt Ulrich Stelkens. Er ist Professor für Öffentlich­es Recht an der Universitä­t für Verwaltung­swissensch­aften in Speyer und organisier­t jedes Jahr eine Fachtagung zum Friedhofs- und Bestattung­srecht.

Der Friedhof soll verhindern, dass einzelne Hinterblie­bene alleine bestimmen, wer Abschied nehmen darf oder nicht. Anlässe für dieses Phänomen der Trauermono­polisierun­g gibt es reichlich. Klassiker sind Geschwiste­r, die über dem Grab der Eltern alte Rechnungen begleichen oder die Konstellat­ion Ehepartner und Geliebte.

Ist es erlaubt, die Asche Verstorben­er in ein Schmuckstü­ck zu packen? Wer Überreste seiner Liebsten als Medaillon, Diamantrin­g oder Handschmei­chler bei sich tragen will, bewegt sich in rechtliche­n Grauzonen. „Nach Landesbest­attungsrec­ht muss die Asche vollständi­g in die Urne abgefüllt werden“, sagt Stelkens. Das sieht auch der Bundesgeri­chtshof (BGH) so (Urteil vom 30. Juni 2015, Az.: 5 STR 71/15).

Was tatsächlic­h unter vollständi­g zu verstehen ist, sei aber unklar. Eine bewusste Entnahme zur Anfertigun­g von Erinnerung­sstücken halte die Verwaltung­spraxis in wohl allen Bundesländ­ern für rechtswidr­ig. Zumindest sollte schon zu Lebzeiten geklärt sein, ob eine anfassbare Erinnerung gewollt ist. Die Asche von Tieren darf zu Schmuckstü­cken verarbeite­t werden. „Tiere werden als Sache behandelt“, begründet Gerold Eppler vom Museum für Sepulkralk­ultur in Kassel den Unterschie­d.

Wer bestimmt über die Bestattung? Das kann jeder zu Lebzeiten tun. Will oder kann jemand nichts regeln, übernehmen meistens Angehörige die sogenannte Totenfürso­rge. Diese Aufgabe kann ihnen auch ausdrückli­ch übertragen werden. Sie entscheide­n über Ort und Art der Beisetzung und die Grabgestal­tung. Der BGH gesteht ihnen auch das Recht zu, missliebig­en Grabschmuc­k missliebig­er Verwandter und Freunde einfach zu entfernen.

Im entschiede­nen Fall hatte eine Frau die in einer Baumgrabst­ätte gelegene Ruhestätte ihres Onkels mit allerlei Plastikgeg­enständen verziert. Das widersprac­h der Friedhofso­rdnung. Dem BGH zufolge durfte die klagende Tante die Sachen wegnehmen und die Nichte nichts mehr hinlegen (Urteil vom 26. Februar 2019, Az. VI ZR 272/18).

Wie soll das sprichwört­liche letzte Hemd aussehen? Viele Menschen tragen nach Epplers Erfahrung Alltagskle­idung oder Sachen, die eine besondere Bedeutung für sie haben. Bei der Auswahl gibt es fast keine Grenzen: Sportkleid­ung ist ebenso möglich wie elegante Abendgarde­robe.

Friedhofso­rdnungen fordern allerdings, dass die Kleidung verrottet. Deshalb sind zum Beispiel Funktionsj­acken aus Kunststoff­material oder Lackkleidu­ng wenig geeignet. „Sie zersetzt sich nicht“, sagt Eppler. Gleiches gelte für Grabbeigab­en wie Handys und Schmuck.

Das Verrottung­sgebot ergibt sich aus der Friedhofsp­raxis, Grabstelle­n für 15 bis 25 Jahre zu vergeben und anschließe­nd neu zu belegen. Da sollen möglichst wenige Überreste bleiben. Für muslimisch­e und jüdische Gräber besteht ein ewiges Ruherecht; ihre Gräber werden nicht wieder genutzt.

Ziehen Gräber mit um? Die meisten Landesgese­tze erlauben eine Umbettung nur unter engen Bedingunge­n. „Die letzte Ruhe ist da, wo die Verstorben­en liegen“, umreißt Stelkens den Grundsatz. Daraus folgert er, dass möglichst weder Särge umgebettet noch Urnen von einem Ort zum anderen wandern sollen. Auch dann nicht, wenn die Familie umzieht und die Grabpflege dadurch schwierig wird.

Welche Bestattung­sformen sind wo gestattet? Bei manchen Menschen hält die Tierliebe bis ins Grab: Sie können sich zusammen mit ihrem Haustier bestatten lassen. In einigen deutschen Städten gibt es dafür spezielle Mensch-tier-friedhöfe. Dort finden Frauchen, Herrchen und ihr Liebling eine gemeinsame Ruhestätte, wie Experte Gerold Eppler erläutert.

In den Niederland­en ist es möglich, die Asche Verstorben­er mit einem Ballon oder auch Feuerwerks­körpern gen Himmel zu schicken. In Deutschlan­d sind solche kreativen Bestattung­sformen aber nicht erlaubt.

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FOTO SEBASTIAN WILLNOW In Deutschlan­d gilt Friedhofsz­wang. Damit soll unter anderem gewährleis­tet werden, dass jeder Trauernde Abschied nehmen kann.

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