Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die Schüler sind zurück – und die Stimmung gespalten
So lief der erste Tag im Präsenzunterricht an den Duisburger Schulen. Alle Kinder wieder an Bord? Nein, eine Schule hielt am Wechselunterricht fest.
(akal) Der Fahrradkeller: voll. Der Schulhof: voll. Selbst die Klassenzimmer sind voll – ein Zustand, der in Duisburg zuletzt im Dezember herrschte. Wie lief es am ersten Tag des wieder aufgenommenen Präsenzunterrichts? Alle da?nein, nicht alle. Die meisten Schulleiter indes meldeten am Montag nach dem Teil-lockdown volles Haus und freuen sich, dass die Schule auch wieder klingt wie Schule, samt Stimmengewirr und Fußgetrappel.
Am Mercator-gymnasium herrscht endlich wieder eine „Grundaktivität wie im Bienenstock“, so Schulleiterin Wiebke Harnischmacher und berichtet von einem gelungenen ersten Tag, einem echten Aufatmen. Bei den Sportlehrern sogar im doppelten Sinne, denn der Unterricht draußen darf wieder ohne Maske stattfinden. Auch die Maskenpflicht 150 Meter rund um die Schule ist mit der Allgemeinverfügung gefallen. Auf dem Schulhof gelten weiter die Aha-regeln.
Volles Haus auch an der Gesamtschule Meiderich, wo in den Klassen 5 und 6 schon gleich zum Start Rote Karten fällig waren: Zu viel Unruhe und in der Konsequenz gleich wieder stundenweiser Unterrichtsausschluss für einzelne Kinder. „Die Kleinen sind so wuselig, die kann man nicht sofort in Reih und Glied zwingen“, zeigt Schulleiter Bernd Beckmann Verständnis.
In der Erich-kästner-gesamtschule in Homberg findet in dieser Woche wie bisher Wechselunterricht statt. Wie kann das sein, wenn das Schulministerium anordnet, dass grundsätzlich alle Schulen aller Schulformen zu einem durchgängigen Präsenzunterricht zurückkehren sollen?
Silke Richter hat ihren Sonderweg mit der Schulaufsicht abgestimmt. Bei allen Umschichtungen der vergangenen Monate habe sich gezeigt, wie wichtig es ist, die ganze Schulgemeinschaft bei den Entscheidungen mitzunehmen. Und so tagen bis Mittwoch alle Gremien für Schüler, Eltern und Lehrer, berichtet die Schulleiterin. Klar sei schon jetzt, dass der Fachunterricht nicht bis aufs Ultimo hochgefahren werde. Ohnehin habe die Schule durch ein Wechselschicht-system täglich alle Schüler da gehabt, den Schwerpunkt auf Hauptfächer gelegt und so weit mehr als die Hälfte der Stundentafel abbilden können, berichtet Richter. Jetzt gehe es mehr darum, die Klassengemeinschaften zu stärken durch Projekt-unterricht, soziale und kulturelle Schwerpunkte. Was umsetzbar und sinnvoll erscheint, wird jetzt abgestimmt. Eigene Wege geht die Schule auch bei den Selbsttests, die in der Mensa und im Forum konzertiert durchgeführt werden statt separat in jeder Klasse. Die Zeitersparnis sei immens.
Um alle Kinder während des Distanzunterrichts zu erreichen, habe das Team viel tun müssen, berichtet Richter. Der Bedarf an Unterstützung sei bei manchen Schülern enorm gewesen, vereinzelt habe das Jugendamt eingeschaltet werden müssen, auch eine Einlieferung ins Krankenhaus hätten die Kollegen veranlasst, so Richter. Sie hofft, alle 1000 Kinder mitgenommen zu haben, „aber wir sind auch müde“, gesteht die Schulleiterin.
Wie ist die Stimmung in der Lehrerschaft? In der Tendenz gespalten, sagt Michael Fuchs, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung ( VBE) in Duisburg. Für das Zeugnis seien die kommenden Wochen ohnehin nicht mehr relevant: „Die Grundschullehrer sind längst dabei, die Zeugnisse zu schreiben.“Bei 30 Kindern schafft man die Texte schon in normalen Schuljahren sonst gar nicht. Diesmal könne man nicht mal auf Textbausteine zurückgreifen, weil eine völlig neue Situation beschrieben werden muss. „Die Belastung ist enorm“, sagt Fuchs.
Unmut gebe es auch, weil längst nicht alle Lehrer geimpft sind und sich um ihre Gesundheit sorgen. Sie stehen seit Montag wieder mit 30 Haushalten auf 60 Quadratmetern – ganz im Gegensatz zu den im Einzelhandel geltenden Abstandsregeln. Fuchs nennt das ein „krasses Missverhältnis.“