Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Gäste „besetzen“Kultkneipe Maaß
Der Ansturm auf die Terrasse der Gaststätte am vergangenen Wochenende empörte viele Bürger. Die Besucher brachten selbst Bier und Schnaps in Flaschen mit und pfiffen auf die Hygieneregeln. Die Polizei musste eingreifen.
DINSLAKEN (aha) Zu anderen Zeiten wäre das ein normales Bild gewesen: Die Terrasse der Kneipe Maaß, gut besucht: alle Tische belegt, einige Gäste sitzen auf der Mauer, andere plaudern im Stehen. In Zeiten der Pandemie führte dieses Bild am Wochenende aber zu „etlichen Anrufen“bei der Kreispolizei Wesel, wie deren Sprecher Timm Wandel bestätigt – und zu wütenden Diskussionen in den sozialen Medien.
Denn die Coronaschutzverordnung erlaubte zwar am Wochenende bereits Außengastronomie ohne Nachweis eines negativen Tests. Dennoch galten und gelten aber weiterhin Abstandsregeln.
„Sicherheitsabstand von 15 Zentimetern“, so kommentierte ein Facebook-user die Szene. Vorgeschrieben sind laut Coronaschutzverordnung weiterhin 1,5 Meter. Unverantwortlich, schimpften viele und fürchteten ein Superspreader-event wie in Ischgl. Andere hielten Studien entgegen, wonach die Infektionsgefahr draußen gering sei, die Menschen seien lange genug „eingesperrt“gewesen, die Gastronomie habe lange genug gelitten.
Der Gastronom selber war allerdings mit der Situation auch unglücklich. Axel Wolff, Inhaber des Fotogeschäfts, der die Kultkneipe zusammen mit Ludger Hullermann und Gerd Goch führt, spricht von einer „Besetzung“und „Übernahme“des Maaß. Die Menschen seien gruppenweise auch aus anderen Städten – aus Duisburg und Oberhausen etwa – angereist, und einfach über die Mauer gestiegen und hätten sich zu den anderen Gästen gestellt. Vielfach habe es sich um Abiturienten in Feierlaune gehandelt. Sie hätten zum Teil sogar Getränke mitgebracht – Alkohol in Flachmännern oder Bierflaschen etwa. „Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Flaschen da nachher auf dem Boden lagen“, so Wolff. „Auf einen solchen Ansturm waren wir nicht vorbereitet“, bedauert er.
Die Bedienungen hätten für Ordnung sorgen wollen und immer wieder auf die Einhaltung der Regeln gepocht, die Gäste, vor allem jüngere, hätten dies einfach ignoriert. Wer vorne weggeschickt worden sei, sei hinten wieder über die Mauer gestiegen. Der Ordnungsdienst der Stadt Dinslaken und die Polizei lösten die Ansammlung auf. Die Polizei spricht von einem „intensiven Einsatz.“Die Stadt spricht von „deutlichen“Verstößen gegen die Abstandsregeln. Verwarnungen mussten aber nicht ausgesprochen und auch keine Personalien aufgenommen werden, so die Stadt.
Dass es die Menschen nach draußen und in den Biergarten des Maaß zieht, dafür hat Wolff großes Verständnis. Er erinnert an das Kneipensterben, das dafür sorge, dass sich die Menschen an wenigen Stellen in der Innenstadt konzentrieren. „Wo sollen die Leute denn auch hingehen?“fragt er.
Nachdem Wolff zuerst Fotos von der Ansammlung auf Facebook löschen ließ und damit noch mehr Ärger heraufbeschwor, veröffentlichte das Maaß nun eine Entschuldigung: „Die Maaß Gastro möchte sich bei allen besorgten Bürgern für diese Situation entschuldigen und wir geloben Besserung.“
Maaß hat eine Security beauftragt, die nun an Wochenenden und am heutigen Abend vor dem Feiertag auf der Terrasse für die Einhaltung der Coronaschutzverordnung sorgen soll. Dann gilt: Es sind nur Gäste zugelassen, die auch an den Tischen einen Platz finden. Das Sitzen auf der Mauer ist fortan verboten. Szenen wie die am Wochenende möchte Axel Wolff nicht mehr erleben – „dafür verzichten wir gerne auch auf Umsatz.“
Die Stadt Dinslaken kündigt weitere Kontrollen an und appelliert: „ Sinkende Ansteckungszahlen sollten nicht dazu verleiten, unvorsichtig zu werden“. Die Regeln zum Schutz vor Corona-infektionen würden weiter gelten. „Daher sind wir alle verpflichtet, die jeweils geltenden Regeln zu beachten.“