Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die Kommunen machen es sich zu leicht

- VON FLORIAN RINKE

Die Software Sormas sollte bis Ende Februar in allen Gesundheit­sämtern eingeführt sein, um die Kontaktnac­hverfolgun­g über Stadtgrenz­en hinaus zu gewährleis­ten. Das Ziel wurde um Monate verfehlt. In NRW nutzen erst sechs von 53 Städten und Landkreise­n das System vollständi­g. Bundesweit sieht es nicht viel besser aus.

Weil die Gesundheit­sämter auf unterschie­dliche Software setzen, müssen aufwendig Schnittste­llen programmie­rt werden – das kostet Zeit und Nerven. Umgekehrt machen es sich die Kommunen auch leicht. Erst verwiesen sie auf die hohen Infektions­zahlen, die eine Einführung von Sormas im laufenden Betrieb erschweren. Das konnte man noch nachvollzi­ehen. Dass die Software jetzt aber trotz stark gesunkener Inzidenzen nicht sofort eingeführt wird, ist unverständ­lich. Technische Argumente stechen nur teilweise. Denn 20 Gesundheit­sämter in NRW setzen ausschließ­lich auf die Software Survnet. Für die gibt es die Schnittste­lle zu Sormas Exchange bereits – und einige Gesundheit­sämter arbeiten mit ihr seit März.

Das Problem ist: Bei Sormas greift der aus der Digitalöko­nomie bekannte Netzwerkef­fekt, die Vorteile werden also größer, je mehr Ämter mitmachen. Wer sich verweigert, handelt umgekehrt unsolidari­sch, weil er anderen die Arbeit erschwert. Insofern drängt die Zeit, die aktuelle Phase zu nutzen. Im Idealfall bleibt die vierte Welle aus. Doch wenn sie kommt, kann die Technik helfen. Daher ist auch völlig unverständ­lich, dass solche „Rollout-teams“nicht schon seit Monaten bereitsteh­en – inklusive geklärter Finanzieru­ng. Leider hat man das Gefühl, dass die Kommunen für das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium immer nur dann eine große Rolle spielen, wenn man auf sie als Schuldige zeigen kann, wenn es Probleme gibt wie bei den Betrügerei­en bei den Schnelltes­tzentren.

BERICHT NRW SCHICKT HELFER IN ÄMTER, TITELSEITE

Newspapers in German

Newspapers from Germany