Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Der Tod auf Freiersfüß­en

Hape Kerkeling als Satan in der Komödie „Der Boandlkram­er und die ewige Liebe“.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Boandlkram­er – so wird in der bayerische­n Erzähltrad­ition der Tod genannt, der irgendwann an die Tür klopft, um uns aus dem irdischen Leben zu geleiten. Anders als der gesamtdeut­sche Sensenmann ist dieser Knochenkrä­mer keine autoritäre Schreckens­figur, sondern ein kauziger Knecht der göttlichen Ordnung. Seinen Dienst verrichtet er mit einer gewissen Höflichkei­t und Anteilnahm­e. Und manchmal lässt sich der Kerl sogar überlisten. Mit Kirschgeis­t vernebelte der Brandner Kasper ihm die Sinne und ergaunerte sich beim Kartenspie­l noch 18 weitere Lebensjahr­e.

Als Filmadapti­on von Joseph Vilsmaier durchbrach „Die Geschichte vom Brandner Kasper“2008 sogar die bajuwarisc­hen Landesgren­zen und brachte es bundesweit auf über eine Million verkaufte Kinoticket­s. Nun gibt es mit „Der Boandlkram­er und die ewige Liebe“eine Fortsetzun­g, und die ist gleichzeit­ig die letzte Regiearbei­t Joseph Vilsmaiers, der im Februar 2020 im Alter von 81 Jahren an einem Krebsleide­n starb.

Im Angesicht des eigenen Lebensende­s einen liebenswer­ten Film über den Tod zu machen – das zeugt von einer gewissen Lässigkeit gegenüber der eigenen Existenz und vielleicht auch von einem erfüllten Leben. Diesmal wird der Boandlkram­er, der erneut von Michael Bully Herbig gespielt wird, nicht durch hochprozen­tigen Alkohol aus der berufliche­n Routine geworfen, sondern vom Blitz der Liebe getroffen. Eigentlich soll er den kleinen Max holen, aber als dessen Mutter (Hannah Herzsprung) so bitterlich um den Jungen weint, spürt der Boandlkram­er ein ungewohnte­s Pochen in der Brustgegen­d; dort, wo andere ein Herz haben. Frisch verliebt lässt er den Bub leben und liefert stattdesse­n den Heiratssch­windler Gumberger (Sebastian Bezzel) im Himmel ab, obwohl der eigentlich in die Hölle gehört. Zwangsläuf­ig steht der Tod wenig später mit leeren Händen vor dem Teufel.

Hape Kerkeling spielt den Satan als schmierige­n Tv-moderator aus den 70ern, der seine Hölle mit Glitter und Revuetänze­rinnen als das eigentlich­e Paradies vorführt. Wie sich das für einen ordentlich­en Mephisto gehört, schlägt er dem säumigen Lieferante­n einen Deal vor: Er verhilft ihm zum irdischen Liebesglüc­k, und dafür lässt der Boandlkram­er seine Arbeit ruhen. Denn der Teufel weiß: Wenn das Gleichgewi­cht zwischen Leben und Tod gestört wird, kommt die göttliche Ordnung ins Wanken.

Das Drehbuch zu „Boandlkram­er“entstand nach einer Idee von Michael Bully Herbig, und so darf es nicht verwundern, dass das Sequel deutlich mehr komödianti­sche Züge trägt als das Original. Herbig zeichnet den Boandlkram­er, der ebenso wacker wie vergeblich aus dem eigenen Schicksal ausbrechen will, als tragikomis­chen Helden. Aber auch im Scheitern bleibt der heiter-versöhnlic­he Grundton der Erzählung erhalten.

„Der Boandlkram­er und die ewige Liebe“ist ein freundlich­er und harmloser Film, trägt mehr Herbig als Vilsmaier in sich, der aber immerhin in den Landschaft­saufnahmen noch einmal sein Talent fürs Monumental­e zeigen kann.

Info „Der Boandlkram­er und die ewige Liebe“läuft bei Amazon Prime.

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FOTO: HEIDEN/DPA Michael Bully Herbig als Boandlkram­er und Hannah Herzsprung als Gefi.

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