Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Lasst die Kinder nicht wieder im Stich!
Die Ferien haben noch nicht begonnen, da stellte der Bundesgesundheitsminister Schüler und Eltern schon mal darauf ein, dass der Wechselunterricht im neuen Schuljahr zurückkommen könnte. Zwar ruderte er schnell zurück, aber man müsse vorbereitet sein. Doch das ist zu wenig: Wenn die Politik erwartet, dass die Delta-variante im Herbst die vierte Welle bringt, dann muss sich jetzt etwas tun. Acht Wochen haben Schulminister wie Yvonne Gebauer in NRW noch, um endlich Lüftungsanlagen einbauen und die Fenster sanieren zu lassen. Die Ständige Impfkommission muss sich überlegen, ob sie ihre Entscheidung zum Kinderimpfen nicht noch einmal überdenkt. Mit der DeltaVariante steigt für alle das Risiko – und das trifft vor allem die ungeschützten Kinder. Minister Spahn sollte mehr Druck machen, um Impfstoffe verlässlich zu beschaffen und mehr Dosen den Kindern zugutekommen zu lassen, die geimpft werden wollen.
Wenn Spahn meint, Schulen und Schüler hätten sich an den Wechselunterricht gewöhnt, kennt er das Leben nicht. Natürlich haben viele engagierte Lehrer ihr Bestes gegeben. Dennoch sind die Schäden enorm. Distanzunterricht wie im Frühjahr 2020 bringt fürs Lernen so viel wie Sommerferien – mit Tendenz zu Kompetenzeinbußen, sagen Forscher. Wie viele Monate sollen die Kinder noch unfreiwillig Ferien haben? Wie tief will der Staat die soziale Spaltung noch treiben? Hat Spahn mal mit Familien gesprochen, die mit drei Schulkindern in einer Etagenwohnung leben?
Schon jetzt sind Kinder die größten Verlierer der Pandemie. Geimpfte Erwachsene gehen auf Kreuzfahrt, ins Stadion, zum Shoppen – und die Schüler hocken vor dem Laptop zu Hause? Das kann es nicht sein. Es gibt ein Recht auf Bildung, aber kein Recht aufs Amüsieren. Kinder sind jetzt die vulnerable Gruppe.