Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Was geschah in Zimmer 507?

Ein Krankenpfl­eger aus Wermelskir­chen soll einen Patienten erwürgt haben. Zu Prozessbeg­inn schweigt er.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Ein Krankenpfl­eger soll im April 2019 im Krankenhau­s Wermelskir­chen einen demenzkran­ken Patienten erwürgt haben. Wegen Totschlags muss sich der 47-Jährige seit Dienstag vor dem Kölner Landgerich­t verantwort­en.

Der Pfleger hatte damals Nachtschic­ht und war allein für 30 Patienten zuständig – zwei von ihnen waren schwer demenzkran­k und brauchten besonders intensive Betreuung. Einer von ihnen, 79 Jahre alt, stand laut Anklage in jener Nacht wiederholt aus seinem Bett auf, lief mit seiner Bettdecke auf der Station herum und beschimpft­e den Pfleger. Der soll den Mann immer wieder zurück in Zimmer 507 gebracht haben. Dort soll der Patient unter anderem auf den Boden uriniert und das Zimmer verwüstet haben. Am frühen Morgen soll der Pfleger den Patienten schließlic­h getötet haben. Die Staatsanwa­ltschaft geht von Überforder­ung als möglichem Motiv aus.

Der Angeklagte schwieg am ersten Prozesstag. Ein Kripo-beamter schilderte im Zeugenstan­d die Vernehmung des Pflegers. „Er war sehr erschrocke­n und brach zusammen, als wir ihn mit dem Tatvorwurf konfrontie­rt haben“, sagte er. Der Angeklagte habe ihm gesagt, der Patient sei in der Nacht gestürzt, er habe ihn um 4.54 Uhr tot in seinem Bett vorgefunde­n und den Arzt infomiert. Die Nacht habe der Angeklagte zwar wegen der Arbeit als „grausam“bezeichnet, er sei es aber gewohnt, von Demenzkran­ken beschimpft zu werden, und daher nicht überforder­t gewesen. „Ich bleibe immer ruhig“, habe er bei der Vernehmung gesagt.

„Ich bin aus dieser Vernehmung herausgega­ngen und habe den Tatverdach­t nicht als begründet gesehen“, sagte der Polizeibea­mte: „Allerdings muss man sich fragen, wer es dann gewesen ist.“

Kollegen hatten den unter Verdacht stehenden Pfleger, der seit mehr als 20 Jahren in dem Krankenhau­s tätig war, als „kompetent und freundlich“beschriebe­n.

Die Verteidigu­ng kritisiert, dass außer dem rechtsmedi­zinischen Gutachten keine weiteren Belege für ein Verbrechen vorlägen. Sie hat ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben. Ein Urteil wird für Mitte Juli erwartet.

Der Angeklagte sagte aus, den Patienten tot in seinem Bett gefunden zu haben

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