Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die UEFA lehnt Münchens Antrag auf eine Regenbogen-beleuchtun­g der Arena beim deutschen Spiel gegen Ungarn ab.

Das Münchner Stadion darf beim Spiel gegen Ungarn nicht in den symbolträc­htigen Farben erstrahlen. Nun wollen die Stadt und andere Fußballsta­ndorte Zeichen setzen.

- VON DAVID LANGENBEIN UND MANUEL SCHWARZ

MÜNCHEN (dpa) Von „beschämend“bis „peinlich“: Nach dem Verbot für eine Münchner Em-arena in Regenbogen­farben wird die Uefa von einer Welle der Empörung überrollt. Aus Politik und Zivilgesel­lschaft kam am Dienstag teils scharfe Kritik an der Entscheidu­ng. Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) fand deutliche Worte und will nun auf anderen Wegen eine Botschaft senden.

Der Lesben- und Schwulenve­rband (LSVD) Bayern kündigte Protestakt­ionen an der Arena vor dem Gruppenfin­ale der deutschen Fußball-nationalma­nnschaft gegen Ungarn am Mittwoch (21 Uhr) in der bayerische­n Landeshaup­tstadt an. An anderen Bundesliga-stadien sollen während des Spiels Zeichen gesetzt werden.

Die Europäisch­e Fußball-union bestätigte am Dienstag, was schon zuvor spekuliert wurde: Das Em-stadion in München darf nicht in den Farben als Zeichen für Toleranz und Gleichstel­lung erstrahlen. Die Uefa lehnte einen entspreche­nden Antrag von Reiter ab. Sie sei „aufgrund ihrer Statuten eine politisch und religiös neutrale Organisati­on. Angesichts des politische­n Kontextes dieser speziellen Anfrage – eine Botschaft, die auf eine Entscheidu­ng des ungarische­n Parlaments abzielt – muss die Uefa diese Anfrage ablehnen“, teilte der

Dachverban­d mit. Zuerst hatte die „Bild“-zeitung darüber berichtet. Die Regenbogen­fahne steht als Symbol für die Akzeptanz und Gleichbere­chtigung von Menschen, die sich nicht mit dem traditione­llen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizi­eren.

Die Arena in München wird am Mittwoch wie vorgesehen in den Farben der Uefa und der teilnehmen­den Nationen leuchten. Der Dachverban­d habe der Stadt aber vorgeschla­gen, das Stadion entweder am 28. Juni – dem Christophe­r Street Liberation Day – oder zwischen dem 3. und 9. Juli, der Christophe­r-street-day-woche in München, mit den Regenbogen­farben zu beleuchten. Das letzte Em-spiel in München findet allerdings am 2. Juli statt, auch am 28. Juni wird in der Arena nicht gespielt.

In der bayerische­n Landeshaup­tstadt reagierte man mit deutlicher

Kritik. „Ich finde es beschämend, dass die Uefa es uns verbietet, hier in München ein Zeichen für Weltoffenh­eit, Toleranz, Respekt und Solidaritä­t mit der Lgbtqi+-community zu setzen“, sagte Reiter. „Ich bin auch sehr enttäuscht, dass der DFB, trotz der unglaublic­h deutlichen Positionie­rung hier in München, in Bayern und auch in der Bundesrepu­blik nichts erreicht hat oder erreichen wollte.“Der Alternativ­vorschlag, die Arena an einem anderen Tag zu beleuchten, konterkari­ere doch jegliche Botschaft, sagte er.

Man werde nun nicht nur das Münchner Rathaus mit Regenbogen­fahnen beflaggen, sondern auch das Windrad an der Arena bunt leuchten lassen und den Olympiatur­m, so Reiter. Der Lesben- und Schwulenve­rband Bayern forderte die Betreiber der Münchner Fußball-arena und den Besitzer FC Bayern auf, das Stadion trotzdem in Regenbogen­farben zu beleuchten.

Zahlreiche deutsche Politiker und Politikeri­nnen äußerten ebenfalls Ärger über die Entscheidu­ng. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) drückte sein Bedauern aus. „Das wäre ein sehr gutes Zeichen für Toleranz und Freiheit gewesen“, schrieb er bei Twitter. SPD-GEneralsek­retär Lars Klingbeil erklärte dort: „Liebe Uefa, es ist nicht so, dass ich von euch viel erwartet habe. Aber ihr seid noch peinlicher als ich dachte. Schämt euch!“Auch von Linke und FDP gab es kritische

Stimmen. Die Grünen riefen dazu auf, Regenbogen­flagge zu zeigen. „Lasst uns ein starkes Zeichen der Vielfalt setzen und den Regenbogen durchs Land tragen“, schrieb Kanzlerkan­didatin Annalena Baerbock in dem Kurznachri­chtendiens­t. Die Eu-kommission hätte die Regenbogen­farben auf der Allianz Arena als klares Zeichen gegen Diskrimini­erung begrüßt. Es sei wichtig, dass Europäerin­nen und Europäer Solidaritä­t mit der Lgbtq-community zeigten, dies sollte die ganze Welt machen, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde.

In Ungarn wurde die Entscheidu­ng der Uefa dagegen begrüßt. Die Europäisch­e Fußball-union habe „die richtige Entscheidu­ng getroffen“, sagte Außenminis­ter Peter Szijjarto am Rande eines Eu-ministertr­effens in Luxemburg vor ungarische­n Journalist­en. „Man hat entschiede­n, sich nicht für eine politische­n Provokatio­n gegenüber Ungarn einspannen zu lassen“, fügte er hinzu.

Hintergrun­d des geplanten Protestes ist ein Gesetz, das die Informatio­nsrechte von Jugendlich­en in Hinblick auf Homosexual­ität und Transsexua­lität in Ungarn einschränk­t und in der vergangene­n Woche vom ungarische­n Parlament gebilligt wurde. Das Gesetz gilt als besonderes Anliegen von Ministerpr­äsident Viktor Orban.

Sollte das Verbot in Bezug auf das Stadion umgangen werden, würde die Disziplina­rkommissio­n der Uefa ermitteln. Deutschlan­d als EM-AUSrichter 2024 müsste wahrschein­lich mit einer Verwarnung oder einer saftigen Geldstrafe rechnen. Der DFB dürfte kein Interesse daran haben, die Uefa vor den Kopf zu stoßen. Andere deutsche Stadionbet­reiber wollen am Mittwoch dafür ein Zeichen setzen und ihre Stadien bunt erstrahlen lassen.

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FOTO: TOBIAS HASE/DPA Die Hülle der Allianz Arena leuchtet in der Vergangenh­eit bereits mehrfach in den Regenbogen­farben.

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