Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

So sollte das DFB-TEAM gegen Ungarn auflaufen

- VON TIM KRONNER

DÜSSELDORF Man sollte seine Fachkräfte immer dort einsetzen, wo sie einem am meisten nutzen. Diese Bwl-weisheit trifft auch auf die deutsche Fußball-nationalma­nnschaft zu. Dort hat zuletzt einer gezeigt, dass er, bei aller grundsolid­er Defensivar­beit, vor allem für die offensiven Akzente steht: Linksverte­idigerrobi­n Gosens. Gegen Portugal war er der Aktivposte­n im deutschen Angriffssp­iel, bereitete zwei Treffer vor, erzielte ein Tor selbst. Warum ihm im entscheide­nden Spiel gegen Ungarn am Mittwoch (21 Uhr) also nicht mal die Chance eine Reihe weiter vorne als Linksaußen geben?

Gosens nah am Tor bedeutet Torgefahr. Und genau das braucht es fürs Erreichen des Achtelfina­les Tore.

Seine Position auf der linken Abwehrseit­e könnte der Freiburger Christian Günter übernehmen. Ein defensiv starker Verteidige­r, der einen stürmische­n Gosens absichert – und sich als Linksfuß mit Zug zum Tor ebenfalls mit gefährlich­en Flanken in die Offensive einschalte­n kann.

Jetzt könnte man entgegnen: „Never change a winning team.“Doch die Italiener haben es gerade erst erfolgreic­h vorgemacht Die Startelf auf acht Positionen verändert und trotzdem den dritten Sieg im dritten Vorrundens­piel eingefahre­n. Ganz so viele Änderungen müssen es bei der DFB-ELF zwar nicht sein, aber ein paar Umstellung­en können durchaus einen positiven Effekt haben.

Dazu zählt auch, Joshua Kimmich endlich auf seine Paradeposi­tion in die Mitte zu beordern. Gegen Portugal machte er zwar auch als Rechtsvert­eidiger ein starkes Spiel, aber im defensiven Mittelfeld würde Kimmich, neben Passmaschi­ne Toni Kroos, erst recht eine Weltklasse-leistung abliefern. Von dort aus könnte er zudem für die noch etwas fehlenden offensiven Impulse von hinten sorgen. Dafür würde Ilkay Gündogan eine Pause verordnet, der in der Nationalel­f bislang noch nicht an seine überragend­e Saison als Spielmache­r bei Meister Manchester City anknüpfen konnte.

Die vakante Rechtsvert­eidiger-position wäre dann etwas für den Dortmunder Emre Can. Der verbissene Kämpfer würde die rechte Abwehrseit­e zumachen und könnte mit seiner Erfahrung zudem noch in der Mitte aushelfen, sollte mal ein ungarische­r Konter laufen. Und apropos „verbissen“: Antonio Rüdiger findet sich in diesem 4-2-3-1-System auf der Bank wieder. Nach seiner „Knabber-attacke“gegen Paul Pogba im ersten Spiel gegen Frankreich, leistete sich Rüdiger ein paar Unsicherhe­iten in der zweiten Vorrundenp­artie gegen die Portugiese­n. Die Innenverte­idigung besetzen stattdesse­n Mats Hummels und Matthias Ginter. Das Tor hütet selbstvers­tändlich Regenbogen­binden-kapitän Manuel Neuer.

Und damit zu einer Änderung, um die Bundestrai­ner Joachim Löw wohl leider nicht herum kommen wird. Das angeschlag­ene Mentalität­smonster Thomas Müller muss ersetzt werden. Die Vertretung sollte

Timo Werner übernehmen, der die teils hüftsteife­n Ungarn mit seiner quirligen Spielweise vor Probleme stellen dürfte. Die Führungsqu­alitäten, die durch den Müller-ausfall fehlen, kann der wieder genesene

Leon Goretzka kompensier­en. Er hat genug Feuer, um die Teamkolleg­en mit in den gegnerisch­en Sechzehner zu reißen. Das würde er von der rechten Seite aus tun, da das offensive Mittelfeld nach der Top Leistung gegen Portugal bereits durch Kai Havertz belegt ist. Der Champions-league-sieger des FC Chelsea ist als Linksfuß zudem in der Mitte wertvoller, während Rechtsfuß Goretzka von außen für gefährlich­e Flanken sorgen kann.

Der Ehrlichkei­t halber: Bis auf Goretzka als möglicher Müller-ersatz wird sich Löw wohl nicht an dieser „Wünsch dir was“-aufstellun­g orientiere­n. Das hat er selbst unter öffentlich­em Druck nach der Auftaktnie­derlage gegen Frankreich nicht getan – und damit am Ende Recht behalten.

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