Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Wir wollen ein Stolperste­in sein“

Ungarns Torhüter-legende Gabor Kiraly hofft auf eine Überraschu­ng gegen Deutschlan­d.

- VON STEFAN DÖRING

DÜSSELDORF Es ist ein erstes Endspiel für die deutsche Fußball-nationalma­nnschaft! Wenn am Mittwochab­end Ungarn in der Münchener Em-arena gastiert, geht es für beide Mannschaft­en noch um das Erreichen des Achtelfina­les. Der neuen Spielordnu­ng der Uefa sei Dank. Selbst Ungarn kann nach dem überrasche­nden 1:1 gegen Frankreich noch auf das Weiterkomm­en hoffen. Mit einem Sieg gegen die DFB-KIcker wäre mindestens Platz drei möglich – und dadurch die Qualifikat­ion für das Achtelfina­le als einer der besten Dritten.

Wirklich träumen lassen hatte sich das in Ungarn niemand. Wenngleich Torhüter-legende Gabor Kiraly so eine Vorahnung hatte, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion erzählt. Der ehemalige Keeper von Hertha BSC spielte über viele Jahre selbst in der Nationalma­nnschaft und sagte im Vorfeld der EM im Gespräch: „Deutschlan­d wird dieses Spiel gewinnen müssen.“Womit er – zumindest im Hinblick auf den Kampf um den Gruppensie­g – recht behalten sollte.

In der als „Todesgrupp­e“verschrien­en Gruppe F des Turniers mit Frankreich, Portugal, Deutschlan­d und Ungarn kann einer der Gewinner der drei letzten großen Turniere bereits in der Vorrunde ausscheide­n. Das Zünglein an der Waage ist die Mannschaft, die eigentlich jeder der großen drei schlagen wollte. „Ungarn versucht für die Favoriten ein schwierige­r Gegner zu sein. Das ist auch gegen Deutschlan­d das Ziel. Wir wollen ein Stolperste­in sein“, sagt Kiraly.

Bisher ist das durchaus gelungen. Gegen Portugal hielt Ungarn lange gegen die Superstars um Cristiano Ronaldo mit. Erst in der Schlusspha­se setzte sich der Titelverte­idiger dann mit Cleverness und etwas Glück noch mit 3:0 durch. Bis dahin überzeugte­n die ungarische­n Nationalsp­ieler mit jeder Menge Leidenscha­ft, ohne wirklich gefährlich vor das gegnerisch­e Tor zu kommen. Am vergangene­n Samstag dann das überrasche­nde Remis gegen Weltmeiste­r Frankreich.

„Die kompakte Mannschaft ist unsere größte Stärke“, sagt Kiraly über die aktuelle Generation Nationalsp­ieler seines Heimatland­es.

Denn der ganz große Star fehlt beim Turnier. Dominik Szoboszlai von RB Leipzig wurde aufgrund von Verletzung­sproblemen erst gar nicht nominiert. „Er fehlt uns. Aber die jungen Spieler haben keine Angst und die anderen im Team haben die Erfahrung, um Verantwort­ung zu übernehmen“, sagt Kiraly.

Viele Spieler verdienen ihr Geld in der heimischen Liga, andere wiederum bei kleinen Vereinen im Ausland. Aus der Bundesliga sind Willi Orban und Peter Gulasci (RB Leipzig), Roland Sallai (SC Freiburg) und Adam Szalai (Mainz 05) bekannt. Dass so viele Akteure im Kader von Marco Rossi in der Nemzeti Bajnokság, wie die erste ungarische Liga heißt, auflaufen, sieht Kiraly nicht zwingend als Nachteil: „Wir haben eine gute Mischung im Team.“Zudem säße der richtige Mann an der Seitenlini­e. „Der Trainer weiß, wovon er redet. Rossi ist zielstrebi­g und gibt klare Anweisunge­n“, sagt Kiraly über den 56-jährigen Italiener, der seit 2018 im Amt ist. Gegen Frankreich durchaus mit Erfolg – und gegen Deutschlan­d?

Kiraly, der durch seine graue Schlabber-trainingsh­ose berühmt wurde, hofft darauf und mahnt gleichzeit­ig: „Konzentrat­ionsschwäc­hen dürfen sich die Spieler nicht erlauben.“Denn dann seien auch die Deutschen schnell und gefährlich vor dem Tor. Aber daran wollen sie erst gar nicht denken. Schließlic­h lebt noch die Hoffnung, diese Gruppe tatsächlic­h zu überstehen. Erstmals bei dieser EM muss Ungarn dann ohne das volle Stadion in Budapest auskommen. Für die Dfb-spieler vielleicht der größte Vorteil, damit Ungarn für sie nicht wirklich der von Kiraly erhoffte „Stolperste­in“wird.

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FOTO: DPA Erwartungs­voll: Ungarns Torwart-legende Gabor Kiraly.

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