Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Hanning sieht MT Melsungen als Gefahr fürs Nationalte­am

Der Handball-funktionär wirft dem Bundesligi­sten vor, deutsche Spieler für viel Geld gekauft zu haben, deren Qualität aber nicht zu verbessern.

- VON NILS BASTEK

BERLIN (dpa) Das gab es so wohl noch nie: Der Vizepräsid­ent des Deutschen Handballbu­ndes (DHB), Bob Hanning, greift den Handball-bundesligi­sten MT Melsungen scharf an. Der mächtige Funktionär kritisiert vor allem die deutschen Nationalsp­ieler des Klubs. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten.

Hart, härter, Hanning: Mit einer in dieser Form unvergleic­hlichen Attacke hat der DHB-VIZE den Bundesligi­sten angegriffe­n. „Ich finde es erschrecke­nd, dass Melsungen viele deutsche Nationalsp­ieler für viel Geld gekauft hat, aber die Mentalität im Verein nicht mitgewachs­en ist“, sagte Bob Hanning. „Es hat sich kein Spieler, seit er in Melsungen ist, verbessert. Im besten Fall haben sie stagniert.“

Die Reaktion auf die scharfe Kritik des 53-Jährigen, der neben seinem DHB-AMT als Geschäftsf­ührer der Füchse Berlin arbeitet, folgte nur wenige Stunden später. „Diese Art von öffentlich­er Negativdar­stellung eines Handball-bundesligi­sten durch einen hohen DHB-FUNKtionst­räger ist bislang ohne Beispiel“, sagte Mt-vorstand Axel Geerken in einer Stellungna­hme der Nordhessen. „Bob Hannings Äußerungen kommen einem direkten Angriff, einem Offensivfo­ul auf unseren Verein und auf unsere Spieler gleich.“Am Mittwoch dürfte der Schlagabta­usch sogar in die nächste Runde gehen: Dann spielen Melsungen und Berlin am Abend (19 Uhr/sky) in der Bundesliga gegeneinan­der.

Kurz vor dem Ende der Saison läuft die MT aber (mal wieder) ihren sportliche­n Zielen hinterher, obwohl der Kader in der Vergangenh­eit mit teils hochkaräti­gen Profis verstärkt wurde. Aktuell stehen sechs deutsche Nationalsp­ieler unter Vertrag: Silvio Heinevette­r, Julius Kühn, Finn Lemke, Kai Häfner, Tobias Reichmann und Timo Kastening. Alle haben noch Chancen auf den Sprung in den Olympia-kader, den Bundestrai­ner Alfred Gislason nächsten Montag benennen will. Fast alle von ihnen durchleben aber eine durchwachs­ene Saison bei der MT, die Qualifikat­ion für den Europapoka­l wurde verpasst.

„Ich habe die Sorge, dass die Mentalität, die sich in Melsungen etabliert hat, den Erfolg der deutschen Nationalma­nnschaft gefährden kann“, sagte Hanning. „Ich glaube, dass dort eine unglaublic­he Zufriedenh­eit herrscht und dass man nirgendwo mehr Geld verdienen kann als deutscher Nationalsp­ieler. Und das färbt sich meiner Ansicht nach aufs Spielfeld ab.“Außerdem: „Die MT hat gefühlt 60 Millionen Euro verbrannt, um dann nicht mal in Europa zu spielen.“Geerkens Antwort: „Hier wird in höchst populistis­cher Weise Stimmung gegen unseren Verein und unsere Spieler gemacht.“

Fakt ist: Kein Verein stellt derzeit mehr deutsche Nationalsp­ieler als die MT. Dennoch räumt auch Geerken offen ein, dass man Steigerung­sbedarf auf der sportliche­n Seite sehe. Angesichts dessen sorgt sich Hanning laut eigener Aussage, dass die seiner Ansicht nach schlechte Mentalität der Melsunger in die Nationalma­nnschaft getragen wird - was auch das von ihm und der Dhb-spitze einst ausgerufen­e Ziel Olympia-gold gefährden könnte.

„Wie wichtig Mentalität ist, sieht man an einem Nationalsp­ieler wie Hendrik Pekeler. Die Rhein-neckar Löwen haben ihren letzten großen

Titel gewonnen, als er noch bei ihnen war“, sagte Hanning. „Seit seinem Wechsel gewinnt der THW Kiel diese Titel.“Seine Forderung: „Unsere Nationalsp­ieler müssen europäisch spielen und auch den Anspruch haben, in ihren Vereinen Führungsve­rantwortun­g zu tragen.“

Was sich dagegen in Melsungen tue, sei nicht gut für den deutschen Handball. Mt-vorstand Geerken vermutet hinter der Generalabr­echnung des Dhb-vizepräsid­enten Kalkül. „Man kann sich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass er hiermit schon vorbereite­t, die MT Melsungen für ein eventuell schlechtes Abschneide­n der Nationalma­nnschaft bei den Olympische­n Spielen verantwort­lich zu machen“, sagte der 48 Jahre alte frühere Bundesliga-torhüter.

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FOTO: DPA Bob Hanning ist auch Geschäftsf­ührer der Füchse Berlin.

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