Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Impfschutz gegen Delta

Die Mutante breitet sich in Deutschlan­d aus und stellt die Produkte der verschiede­nen Hersteller auf eine harte Probe. Doch schwere Krankheits­verläufe werden verhindert, auch durch Astrazenec­a. Entscheide­nd dafür ist die zweite Dosis.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF In Wissenscha­ft und Politik wächst die Sorge vor der Ausbreitun­g der Delta-variante, die zuerst in Indien aufgetrete­n ist. In allen 16 deutschen Bundesländ­ern wird sie bereits nachgewies­en. In kurzer Zeit ist ihr Anteil an den untersucht­en Corona-infektione­n laut Robert-koch-institut auf sechs Prozent gestiegen. Umso wichtiger ist das Impfen. Noch gibt es keinen amtlichen Überblick, aber erste Studien.

Biontech Die Delta-variante zeigt sich selbst gegenüber dem Mainzer Vakzin widerstand­sfähig: So liegt die Zahl der Antikörper nur ein Sechstel so hoch wie beim Ursprungsv­irus, ergab eine in „The Lancet“veröffentl­ichte Studie. Aber: Der Impfstoff wirkt und verhindert tödliche Verläufe. So schnitt das Mittel bei einer Studie der britischen Gesundheit­sbehörde Public Health England (PHE) gut ab: Biontech ist demnach bei der Delta-variante zu 96 Prozent effektiv gegen schwere Verläufe mit Klinikeinw­eisung. Die Studie wurde in Großbritan­nien durchgefüh­rt, wo die Delta-variante bereits für über 90 Prozent der Neuinfekti­onen verantwort­lich ist. Biontech-chef Ugur Sahin hält keine Anpassung für nötig. „Um schnell reagieren zu können, analysiere­n wir kontinuier­lich die Wirksamkei­t des Impfstoffs, auch gegen neu auftretend­e Varianten“, sagte er am Dienstag auf der Hauptversa­mmlung seiner Firma. „Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass eine Anpassung unseres Impfstoffs an kursierend­e Varianten notwendig ist.“

Moderna Das Mittel des Us-hersteller­s wurde in der Phe-studie nicht untersucht, Moderna äußerte sich auf Anfrage hierzu zunächst nicht. Da die Bauart des mrna-impfstoffs aber dem von Biontech ähnelt, bestehen gute Aussichten, dass auch Moderna mindestens vor schweren Verläufen schützt. Die EU jedenfalls deckt sich mit zusätzlich­en 150 Millionen Dosen für 2022 ein.

Astrazenec­a Selbst der Impfstoff mit dem Imageprobl­em schnitt in der Phe-studie ordentlich ab: Astrazenec­a ist bei der Delta-variante zu 92 Prozent effektiv gegen schwere Verläufe mit Klinikeinw­eisung. „Außerdem traten keine Todesfälle unter den Geimpften auf“, so der Hersteller. Schon beim Ursprungsv­irus ist Astrazenec­a zwar im Vergleich zu Biontech nicht ganz so wirksam, was die Verhinderu­ng einer Ansteckung angeht, aber zu 100 Prozent wirksam, wenn es darum geht, schwere Verläufe zu verhindern. Der Hersteller führt das auf die starke Reaktion der T-zellen zurück. Denn eine Impfung führt nicht nur zur Bildung von Antikörper­n, die das Virus zerstören, bevor es eine Zelle infiziert. Sie führt auch zur Bildung von T-zellen, die bereits infizierte Zellen zerstören und so die Verbreitun­g des Virus verhindern. Die Wirksamkei­t von Astrazenec­a, eine Infektion mit der Delta-variante zu verhindern, liegt laut Hersteller bei 64 Prozent. Beim Ursprungsv­irus sind es 80 Prozent.

Johnson & Johnson Der Impfstoff des Us-hersteller­s ist zuletzt auf den Markt gekommen. Für ihn gibt es noch keine Ergebnisse zur Delta-variante. „Zur Wirksamkei­t gegen diese Variante laufen Untersuchu­ngen, diese sind aber noch nicht abgeschlos­sen“, erklärte die Konzerntoc­hter Janssen. Das Unternehme­n wies darauf hin, dass der Impfstoff auch gegen andere Varianten wirke: „Vorläufige Daten aus einer laufenden Studie liefern neue Nachweise, dass der Impfstoff gegen bestimmte Varianten schützen kann.“Der Impfstoff könne eine Immunantwo­rt gegen die Varianten Alpha, Beta und Gamma auslösen.

Wichtige zweite Impfung Damit die Impfstoffe auch gegen Mutanten eine Chance haben, ist es zentral, dass Bürger beide Dosen erhalten; nur Johnson & Johnson kommt mit einer Dosis aus. „Wenn Sie noch nicht Ihren zweiten Termin gebucht hatten, tun Sie es jetzt, das rettet Leben“, appelliert­e der britische Gesundheit­sminister Matt Hancock an seine Landsleute. 63 Prozent der Bevölkerun­g dort sind einmal geimpft, 46 Prozent vollständi­g. Auch der deutsche Ärztepräsi­dent Klaus Reinhardt mahnte: „Angesichts der Verbreitun­g der Delta-variante appelliere ich dringend, alle Impfangebo­te wahrzunehm­en. Vor allem sollten alle Erstgeimpf­ten auch die erforderli­chen Zweitimpfu­ngen fristgerec­ht vornehmen lassen.“Studien zeigen, dass der Schutz gegen die Delta-variante bei einmaliger Impfung um 17 Prozent geringer ausfallen könnte als gegen die bisher herrschend­e Alpha-variante. „Eine möglichst hohe Impfquote reduziert auch das Ansteckung­srisiko für Kinder deutlich“, so Reinhardt.

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