Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Robin ist ein tolles Vorbild“

2013 machte Robin Gosens am Berufskoll­eg in Wesel sein Abitur, heute spielt er mit der Nationalma­nnschaft um den Einzug ins Achtelfina­le der EM. Seine Vita zeigt, wie prägend die Jahre in Wesel für den heute 26-Jährigen waren.

- VON SEBASTIAN KALENBERG UND KLAUS NIKOLEI

WESEL Spätestens seit seinem fulminante­n Auftritt gegen Portugal am vergangene­n Samstag ist Robin Gosens in aller Munde. Mit zwei Vorlagen und einem Treffer war der gebürtige Emmericher der Garant für den wichtigen 4:2-Erfolg der deutschen Mannschaft im zweiten Vorrundens­piel dieser Europameis­terschaft. Aber es ist nicht nur seine Leistung, sondern auch diese erfrischen­de und lockere Art in Interviews, die ihn über Nacht zum Publikumsl­iebling einer ganzen Fußballnat­ion gemacht hat.

Vermutlich wird der Außenverte­idiger auch heute für die Partie gegen Ungarn wieder in der Startelf stehen – die Unterstütz­ung des Weseler Berufskoll­egs, das er von 2010 bis 2013 besuchte, hat er in jedem Fall sicher: „Die gesamte Schulgemei­nde drückt unserem ehemaligen Schüler Robin Gosens und der deutschen Nationalma­nnschaft fest die Daumen“, sagt Schulleite­r Christian Drummer-lempert. Nicht erst seit er für die Nationalma­nnschaft kickt, hängen Zeitungsar­tikel über ihn am Schulleitu­ngsbrett. „Wir haben seine Karriere immer schon verfolgt, seit er in Arnheim gespielt hat.“

Gosens, der bei Atalanta Bergamo in der italienisc­hen Serie A schnell zur Stammkraft avancierte, hat kein typisches Nachwuchsl­eistungsze­ntrum eines Bundesligi­sten durchlaufe­n. Während ein Großteil der heutigen Fußballer in Internaten zu Profis heranwuchs­en, verlief Gosens Weg über Jugendmann­schaften in den Niederland­en – und dem Berufskoll­eg in Wesel.

In seiner Biografie „Träumen lohnt sich“schreibt der Nationalsp­ieler ausführlic­h über seine Zeit in Wesel. 2010 war er von der Realschule aus Emmerich ans Berufskoll­eg gewechselt, um dort sein Abitur zu machen. Damals spielte er noch in der Jugendmann­schaft des VFL Rhede. Als 2012 ein niederländ­ischer Nachwuchs-scout von Vitesse Arnheim auf Gosens aufmerksam wurde, versuchte er Schule und Fußballkar­riere unter einen Hut zu bekommen. „Die Schule wollte mir den Weg zum Profifußba­ll nicht verbauen, auf der anderen Seite konnte ich im Abiturjahr nicht pausenlos Unterricht sausen lassen“, schreibt Gosens über diese turbulente Zeit. Leiter des Berufskoll­egs war seinerzeit Günter Kohls, der Vorgänger von Christian Drummer-lempert.

Gemeinsam mit seinem Vater und Kohls trafen sie eine Regelung, dass der aufstreben­de Fußballer in Teilen von seiner Anwesenhei­tspflicht entbunden wurde, um pünktlich beim Training in Arnheim zu sein. Den fehlenden Unterricht­sstoff sollte Gosens eigenständ­ig nachholen. Das geschah meistens auf dem Rückweg aus Arnheim – im Stau auf der A3, wie er in seinem Buch schreibt. Wenig begeistert zeigte sich seine Mutter: „Willst du dein Abitur aufs Spiel setzen, damit du irgendwo in der A-jugend spielen kannst?“, zitiert Gosens sie. Auch Schulleite­r Kohls kündigte an, man würde das Experiment beenden, wenn die Noten darunter leiden würden.

Doch es klappte – und das sogar mit besseren Noten als zuvor. Mit den beiden Leistungsk­ursen Sport und Biologie sowie den zwei weiteren Abiturfäch­ern Deutsch und Pädagogik schloss Gosens 2013 sein Abitur am Weseler Berufskoll­eg mit 2,0 ab. Seine ehemalige Psychologi­e-lehrerin Marion Speitmann freut sich, dass er neben seiner Zielstrebi­gkeit auch seine Bodenhaftu­ng nicht verloren hat: „Er ist sicherlich ein tolles Vorbild, dass mit dieser Einstellun­g Träume tatsächlic­h wahr werden können“.

Dirk Besser, Leiter des Bildungsga­ngs Freizeitsp­ortleiter am Berufskoll­eg erklärt, dass es in Wesel immer wieder aufstreben­de Sporttalen­te gibt, die zum Glück um die Wichtigkei­t eines guten Schulabsch­lusses wissen: „Mal schauen, vielleicht kann sich das Berufskoll­eg Wesel noch über weitere zukünftige Sportpromi­nente freuen, die unsere Schule erfolgreic­h besucht haben“, sagt er.

Neben einer guten Bildung, die der 26-Jährige übrigens dafür nutzt, um neben der Fußballkar­riere Psychologi­e zu studieren, hat seine Schulzeit in Wesel eine weitere prägende Auswirkung auf sein Leben gehabt. Damals lernte er seine Freundin Rabea kennen, mit der er seit mittlerwei­le acht Jahren zusammen ist.

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FOTO: KUSTER Unterstütz­ung der ehemaligen Schule: Der Bildungsga­ng Freizeitsp­ortleiter des Berufskoll­egs in Wesel drückt Nationalsp­ieler Robin Gosens für das Em-spiel gegen Ungarn die Daumen.
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ARCHIV-FOTO: STADE Während Gosens 2013 am Berufskoll­eg in Wesel sein Abitur macht, spielt er für den Nachwuchs von Vitesse Arnheim in den Niederland­en.

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