Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ein Jahr Warten auf den Rassehund
Die Nachfrage ist im Lockdown stark gestiegen. Zuchthündinnen dürfen aber nur einen Wurf pro Jahr haben, deshalb brauchen Frauchen und Herrchen Geduld. Der Verband warnt vor illegalen Händlern.
MÖNCHENGLADBACH Im Februar hat Sylvia Paulußens Hündin Sophie sieben Welpen zur Welt gebracht. Ein neues Zuhause haben sie inzwischen alle. Die Züchterin aus Mönchengladbach hatte keine Probleme, Interessenten für die Bearded Collies zu finden. „Im Moment ist die Nachfrage exorbitant hoch“, sagt sie. „Jetzt habe ich schon vier Leute auf der Liste, die auf den nächsten Wurf warten.“Der sei aber frühestens Anfang 2022 zu erwarten.
Eine der Personen auf Paulußens Warteliste ist Maike Pellarin-schlingensiepen. „Wir hatten zwei Bearded Collies, einer davon ist im November ganz plötzlich gestorben. Da war relativ schnell klar, dass wir uns einen neuen Hund holen wollen“, erzählt sie. Im Januar habe sie Kontakt zu Paulußen aufgenommen. Die beiden kannten sich durch Hundeausstellungen. Dass sie so lange auf ihren neuen Hund warten muss, findet Pellarin-schlingensiepen nicht schlimm. „Das muss man machen, wenn man einen guten Züchter haben will.“Sie habe die Mutterhündin kennengelernt, mit der Paulußen Ende des Jahres züchten will, und sei zufrieden. Eine gute Vorbereitung sei beim Kauf eines Rassehundes wichtig, sagt Pellarin-schlingensiepen. „Das muss man sich gut überlegen. Ein Hund ist ja ein Familienmitglied.“
Um dieses neue Mitglied in die Familie aufzunehmen, ist sie nicht nur bereit, mehr als ein Jahr auf den Welpen zu warten. Sie fährt dafür auch eine weite Strecke. „Ich wohne in Scheidegg, im Allgäu, rund eine halbe Stunde vom Bodensee entfernt. Ich weiß jetzt schon, dass ich mir, wenn die Welpen geboren sind, ein paar Tage freinehmen werde, um nach Mönchengladbach zu fahren. Dann mache ich mich mit meinem Welpen vertraut, bevor ich ihn zu mir hole“, sagt sie.
Ihr sei es wichtig, einen Rassehund von einem zertifizierten Züchter zu kaufen. „Das hat den Vorteil, dass ich in etwa weiß, was ich bekomme.“Zuchthunde seien zuvor ausgiebig geprüft worden, außerdem werden auch die neugeborenen Welpen medizinisch untersucht, geimpft und entwurmt. „Bei einer guten Zucht weiß ich, dass der Hund eine gute Anlage hat, einen guten Charakter.“Ihre Hunde setzt sie auch beruflich ein, als Therapiehunde für Kinder mit psychischen Problemen. Dafür sei es wichtig zu wissen, wie der Hund tickt.
Lange Wartezeiten und weite Anfahrtswege sind Hindernisse, die Hundeliebhaber derzeit in Kauf nehmen müssen, wenn sie einen reinrassigen Hund haben wollen. „Die Nachfrage bei den Züchtern ist groß“, sagt Udo Kopernik, Sprecher des Verbands für das Deutsche Hundewesen ( VDH). „Darauf können sie nicht mit mehr Würfen reagieren. Zuchthündinnen dürfen nur einen Wurf pro Jahr haben. Das hat zur Folge, dass die Wartezeiten entsprechend länger werden.“Der Verband mit Sitz in Dortmund listet auf seiner Internetseite zertifizierte Züchter auf, auch die Mönchengladbacherin Sylvia Paulußen gehört dazu. Bei den meisten Züchtern findet sich aktuell der Hinweis, dass kein Wurf geplant sei. „Das hängt auch damit zusammen, dass sie sich vor zu vielen Anfragen schützen wollen“, sagt Kopernik.
Nicht alle Menschen, die sich aktuell einen Hund zulegen wollen, würden diese Entscheidung richtig durchdenken, sagt Paulußen. Sie habe nach dem Wurf im Februar viele Anfragen bekommen, die sie schnell abgelehnt habe. „Man muss gucken, ob die Leute vielleicht nur einen Hund wollen, weil es gerade ins Homeoffice passt. Aber was ist, wenn die Leute wieder ins Büro müssen und der Hund alleine ist?“
Die gestiegene Nachfrage berge das Risiko, dass sich mehr Menschen an illegale Händler wenden, warnt Udo Kopernik. In Corona-zeiten habe der Handel mit in der Regel kranken und nicht artgerecht gehaltenen Welpen etwas zugenommen. „Bereits im Januar waren viele Tierheime voll mit beschlagnahmten Welpen. Die Zahlen sind wirklich erschreckend“, sagt Kopernik. Er rät Hundeliebhabern, sich ausschließlich an zertifizierte Züchter oder verlässliche Tierheime zu wenden.