Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Was Laschet mit Gosens verbindet

Der scheidende Ministerpr­äsident absolviert einen letzten großen Auftritt vor der Landespres­sekonferen­z. Zur Sprache kommen dabei das „Grill-gate“, der Nationalsp­ieler vom Niederrhei­n und die Auflösung seines Expertenra­ts.

- VON BIRGIT MARSCHALL, MAXIMILIAN PLÜCK UND JANA WOLF

DÜSSELDORF Es ist fast schon das Ende der großen Sommerpres­sekonferen­z von Nordrhein-westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU), da wird der Kanzlerkan­didat der Union von einem Landeshaup­tstadt-korrespond­enten auf seinen Tipp für den Titel des Europameis­ters angesproch­en. Fußballfan Laschet lacht. Eine Fangfrage, ist doch weithin bekannt, dass der Nrw-regierungs­chef gerne Unentschie­den tippt, in der EM-K.O.-RUNde ist das keine Option. Er wünsche sich, dass es Deutschlan­d werde; die Leistung beim Portugal-spiel sei ja beeindruck­end gewesen, sagt er und fügt mit Blick auf Robin Gosens hinzu: „Mit einem Nordrhein-westfalen als Neuentdeck­ung. Der auch eine Spätentdec­kung war, im Leben oft unterschät­zt wurde und jetzt Deutschlan­d rettet.“

Die Rettung der Republik, das ist also die Agenda, die der Aachener verfolgt. Dass er seiner Meinung nach das Rüstzeug dafür mitbringt, hat Laschet in der knappen Stunde zuvor schon mal durchdekli­niert. Und damit ja kein Zweifel entsteht, hat er es den Journalist­en schriftlic­h austeilen lassen, in Form einer 67 Seiten starken, einseitig bedruckten Hochglanzb­roschüre mit dem Titel „Arbeitsber­icht – vier Jahre Landesregi­erung NRW“.

Coronatech­nisch ist die augenblick­liche Lage tatsächlic­h ansehnlich: Eine landesweit­e Inzidenz von gerade noch 7,4, eine Erstimpfqu­ote höher als in den USA, bis September 80 Prozent der Nordrhein-westfalen durchgeimp­ft, dazu die Wirtschaft, die zusehends Tritt fasst. „Stand heute ist das Virus eingedämmt, wir müssen aber trotzdem vorsichtig bleiben“, sagt Laschet.

Diese Vorsicht geht aber nicht so weit, dass der Ministerpr­äsident seinen Expertenra­t Corona mit Prominente­n wie dem Virologen Hendrik Streeck, dem Ökonomen Michael Hüther und Verfassung­srechtler Udo Di Fabio am Leben halten will. Der Rat tagte am Mittwoch ein letztes Mal, nach Vorlage des Abschlussb­erichts wird dieser „wichtige Ratgeber“(O-ton Laschet) aufgelöst.

Hörbar gereizt wird Laschet bei der Frage einer Journalist­in, ob angesichts der hochanstec­kenden Delta-variante und drohender Schulschli­eßungen im Herbst die Öffnung der Innengastr­onomie oder Veranstalt­ungen mit Hunderten Teilnehmer­n zu vertreten seien. „Alles, was wir tun, muss verhältnis­mäßig sein. Man kann nicht sagen: Wir liegen bei null, es gibt keine Inzidenzen und keine Verbreitun­g mehr, aber wir halten mal alle Beschränku­ngen aufrecht, weil möglicherw­eise doch irgendwann etwas kommen könnte.“Das halte vor keinem Gericht Stand und sei verfassung­swidrig.

So ganz verabschie­den will sich Laschet von Grundrecht­seinschrän­kungen jedoch nicht. Anders als in Bayern werde man in den Innenräume­n der Schulen an der Maskenpfli­cht festhalten, um keine Unruhe so kurz vor den Ferien in den Schulen zu erzeugen. Für die Zeit nach den Sommerferi­en verspricht er Unterricht in Präsenz. Auf die Frage, ob das Impfen der Schüler dafür eine Voraussetz­ung sei, verteidigt er die Entscheidu­ng der Ständigen Impfkommis­sion, die Impfungen nicht grundsätzl­ich für die Zwölfbis 15-Jährigen freizugebe­n. „Ich finde, die haben da gute Argumente“, sagt er und fügt hinzu: „Es wird keine Impfpflich­t für Schüler geben und keine Impfungen in den Schulen.“

Zur Sprache kommt auch das für Freitag geplante Grillfest auf den Rheinwiese­n, mit dem CDU und FDP an die Unterzeich­nung des Koalitions­vertrags erinnern wollen. Die SPD nutzte diese aus ihrer Sicht „autosugges­tive Wurstparty“, um zu einer Gegenveran­staltung einzuladen. Grünen-chefin Mona Neubaur sagte: „Wenn es sonst nichts zu feiern gibt, dann feiert man sich halt selbst.“Laschet bleibt angesichts des von ihm so bezeichnet­en „Grill-gates“entspannt. Ob ein Signal von der Feier ausgehen solle? „Wir trinken ein Bier zusammen“, sagt er trocken.

Signale zuhauf senden könnte der Kanzlerkan­didat am heutigen Donnerstag in seiner Rede vor dem Bundestag. Sein Umfeld hatte mit seinem Rederecht im Bundestag immer seine ablehnende Haltung zu einem vorzeitige­n Rückzug vom Amt des Ministerpr­äsidenten begründet. Es sei nicht ungewöhnli­ch, dass Ministerpr­äsidenten im Bundestag redeten, sagte Unionsfrak­tionsvize Carsten Linnemann (CDU). „Ich wundere mich daher, was alles in die morgige Rede von Armin Laschet reininterp­retiert wird.“Laschet führe mit seiner Rede fort, was er am Montag mit der Vorstellun­g des Wahlprogra­mms begonnen habe. Darin spielten europa- und außenpolit­ische Themen eine zentrale Rolle.

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) sprach von einem richtigen Schritt zum richtigen Zeitpunkt. „Es ist klug von Armin Laschet, dass er jetzt die Chance nutzt, mit einer großen europapoli­tischen Rede im Bundestag die bundespoli­tische Bühne zu betreten.“

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FOTO: DPA Armin Laschet am Mittwoch vor der Landespres­sekonferen­z. Vorn im Bild deren Vorsitzend­er, der Journalist Tobias Blasius.

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