Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Delta löst jeden zehnten Corona-fall aus

Die neue Variante trifft Norddeutsc­hland stärker als NRW. Wichtig ist eine vollständi­ge Impfung. Doch sechs Prozent der Termine in rheinische­n Impfzentre­n werden abgesagt. Eine dritte Dosis könnte nur für über 60-Jährige nötig sein.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die Infektions­zahlen sinken weiter, nur noch zehn Nrw-städte haben eine Inzidenz über zehn. Mit Sorge blicken Wissenscha­ft und Politik jedoch auf den Vormarsch der Delta-virusvaria­nte, die zuerst in Indien aufgetrete­n ist: In NRW gehen bereits 10,2 Prozent der Corona-infektione­n auf diese Variante zurück, wie das Robert Koch-institut (RKI) am Mittwochab­end mitteilte. In der Vorwoche lag der Anteil erst bei 4,4 Prozent. Bundesweit wurde die Variante Delta bisher in 13 Prozent der sequenzier­ten Proben nachgewies­en, das ist ein doppelt so hoher Anteil wie in der Vorwoche. „Mit der zunehmende­n Verbreitun­g der Variante Delta nimmt der Anteil von Alpha bei gleichzeit­ig zurückgehe­nder Inzidenz ab“, schreibt das Robert Koch-institut. Die Alpha-variante war früher als britische Variante bekannt.

Wie steht NRW im Länderverg­leich da? In Nordrhein-westfalen wurden 62 der in der vergangene­n Woche bestätigte­n Infektione­n durch die Delta-variante ausgelöst. Nur in Baden-württember­g waren es, in absoluten Zahlen, mehr: nämlich 88 Fälle. Schaut man auf die relativen Zahlen, kursiert die Delta-variante vor allem in den norddeutsc­hen Ländern. In Mecklenbur­g-vorpommern macht sie etwa schon 36,4 Prozent der Corona-infektione­n aus, in Schleswig-holstein sind es 27 Prozent. Bundesweit gibt es 344 Fälle, die auf die Deltavaria­nte zurückgehe­n.

Wie gefährlich ist die Delta-variante? Dass Viren mutieren, ist nicht ungewöhnli­ch. Manche Varianten wie die südafrikan­ische oder brasiliani­sche spielen in Deutschlan­d kaum eine Rolle, Delta dagegen schon. Diese Variante ist ansteckend­er als die bislang in Deutschlan­d vorherrsch­ende Alpha-variante: Vorläufige Ergebnisse aus England zur Übertragba­rkeit deuteten darauf hin, dass die Delta-variante leichter übertragba­r sei als die Alpha-variante, schreiben die Rki-experten in ihrem aktuellen Bericht. Noch offen ist, ob diese Variante auch schwerere Erkrankung­en auslöst.

Wie sieht der Impfschutz aus? Nrw-gesundheit­sminister Karl-josef Laumann äußerte sich diesbezügl­ich sehr besorgt. „Die Delta-variante macht mir Sorgen. Umso wichtiger ist es, dass die Menschen nun schnell geimpft werden“, sagte der Cdu-politiker vor dem Gesundheit­sausschuss des Landtags.

Aus gutem Grund: Denn auch wenn der Impfschutz vor der Ansteckung an sich bei der Delta-variante offenbar bei vielen Impfstoffe­n geringer ausfällt, so verhindern diese doch schwere Verläufe. Erste vorläufige Ergebnisse deuteten darauf hin, dass derzeitige Impfungen etwas besser vor einer Infektion mit der Alpha- als mit der Delta-variante schützen. „Aber auch bei Infektione­n mit B.1.617.2 besteht nach vollständi­ger Impfung ein hoher Schutz gegen schwere Verläufe“, betonen die Rki-forscher.

Wie sieht es bei den Zweitimpfu­ngen aus? Umso wichtiger sind die Zweitimpfu­ngen. Doch leider nehmen viele Bürger diese Termine nicht wahr. In den Impfzentre­n im Rheinland wurden in den vergangene­n 14 Tagen 35.800 Termine nicht genutzt, so die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV) Nordrhein. „Die Anzahl der nicht wahrgenomm­enen Termine lag im Rheinland zuletzt bei sechs Prozent.“Ähnlich sieht es in Westfalen aus. „Die durchschni­ttliche No-show-quote im Impfzentru­m Phoenix West in Dortmund lag in den letzten Tagen bei zirka neun Prozent“, so die Stadt. Dies lasse jedoch keinen Schluss darüber zu, ob die Menschen den kompletten Impfschutz erhalten haben. „Es kommt durchaus vor, dass Zweittermi­ne abgesagt werden, wenn diese bereits bei der Hausärztes­chaft stattgefun­den haben.“Darauf weist auch die KV Westfalen hin: „Wir bitten die Bürger, in diesem Fall ihren Termin telefonisc­h oder im Buchungspo­rtal abzusagen“, so eine Kv-sprecherin.„einen Zweitimpft­ermin gar nicht wahrzunehm­en, ist nicht ratsam, da der vollständi­ge Impfschutz erst 14 Tage nach der zweiten Impfung erreicht ist“, mahnte sie.

Wann kommt die dritte Dosis? Gesundheit­sminister Laumann zeigte sich im Ausschuss etwas frustriert über die Kakophonie der Wissenscha­ft. „Wir tappen im Dunkeln.“Zunächst hätten die Experten gesagt, die dritte Dosis werde nach sechs bis acht Monaten nötig. Nun gebe es bereits erste Stimmen, laut denen eine dritte Dosis überhaupt nur für über 60-Jährige notwendig sein könnte. Je älter die Menschen sind, desto schwerfäll­iger reagiert oft das Immunsyste­m, sodass sie möglicherw­eise eine Auffrischu­ng brauchen, um auch gegen neue Varianten immun zu sein. In jedem Fall brauche man die Impfzentre­n in der bisherigen Form für die dritte Dosis nicht, so Laumann. Laut KV kann die dritte Dosis über die niedergela­ssenen Ärzte verabreich­t werden. Zudem sollen die Betriebsär­zte im Einsatz bleiben.

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