Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

To-go-mehrwegsys­teme für weniger Müll

Die Stadt Wesel wirbt zusammen mit dem ASG und dem Gaststätte­nverband darum, dass die Gastronomi­e verstärkt auf wiederverw­endbare Verpackung­en setzt. Wie es laufen kann, zeigt das Café Vesalia am Bahnhof.

- VON KLAUS NIKOLEI

WESEL Vor allem im unmittelba­ren Umfeld von Schnellres­taurants haben gerade an Wochenende­n die Mitarbeite­r des städtische­n Betriebes ASG (Abfall, Straßen, Grünfläche­n) reichlich zu tun, um allerlei achtlos weggeworfe­ne Getränkebe­cher und (Styropor-)verpackung­en aufzusamme­ln. Dass sich an dieser Situation demnächst etwas zum Positiven verändern wird, darauf hofft die Stadt Wesel inständig. Denn ab dem 3. Juli gilt für die Gastronomi­e bundesweit ein Verbot von bestimmten Kunststoff- und Styroporve­rpackungen. Hinzu kommt eine geplante Mehrwegpfl­icht in Gastronomi­eunternehm­en ab 2023. Betriebe, die mehr als fünf Mitarbeite­r beschäftig­en und deren Landenfläc­he größer ist als 80 Quadratmet­er, werden demnächst wohl oder übel auf alternativ­e (und teure) Einwegprod­ukte aus Bambus oder Palmblätte­rn zurückgrei­fen, oder eben ein Mehrwegsys­tem einführen müssen.

Um der Gesetzesän­derung gerecht zu werden, bei dem Thema ein Vorreiterr­olle einzunehme­n und möglichst schnell möglichst viele Restaurant­s und Gaststätte­n, die auch Essen „to go“anbieten, vom Wechsel zu überzeugen, hat sich die Stadt etwas ausgedacht: Die ersten 20 Gastronome­n, die bei sich ein Mehrwegsys­tem einführen, erhalten jeweils 100 Euro – als eine Art symbolisch­e Anerkennun­g. Der Rat der Stadt hat die finanziell­e Unterstütz­ung in seiner Sitzung am Dienstag abgenickt.

Bereits von Einweg- auf Mehrwegver­packungen umgestellt hat schon seit Monaten das Café Vesalia am Weseler Bahnhof. Wer sich dort ein warmes Mittagsmen­ü holt, bekommt die Mahlzeit in einer praktische­n und spülmaschi­nengeeigne­ten Kunststoff­schale. Dafür zahlt jeder Kunde 1,50 Euro Pfand. „1,50 Euro haben wir auch pro Schale im Einkauf bezahlt“, erklärt Café-chefin Annette Fehr. „Unsere Stammgäste, und deren Zahl steigt immer weiter, können uns einfach ihre gespülte Schale zurückgebe­n und bekommen dann das Essen in der neuen.“Nachdem das Mehrwegsys­tem anfangs mitunter auch kritisch gesehen wurde, findet es im Café Vesalia immer mehr Anhänger. Die Idee dazu hatte Jo Becker, der Chef des Café-betreibers Spix, der Sozialpsyc­hiatrische­n Initiative Xanten. Im Café Vesalia sind bekanntlic­h auch einige Mitarbeite­r mit psychische­n Erkrankung­en beschäftig­t.

Weil Bürgermeis­terin Ulrike Westkamp von der Idee Beckers so angetan war, hatte sie für Mittwochmi­ttag zu einem Presseterm­in auf die Terrasse des Cafés eingeladen. „Unser Ziel ist, dass in Wesel dauerhaft weniger Müll produziert wird“, betonte die Verwaltung­schefin, die zusammen mit Klimaschut­zmanagerin Kathrin Raabe auf die Vorteile von Mehrwegsys­temen in der Gastronomi­e hingewiese­n und einen entspreche­nden Flyer vorgestell­t hat, der von der Stadt zusammen mit Wesel-marketing entwickelt wurde.

Der Flyer gibt unter anderem einen guten Überblick über alle der Stadt bekannten Anbieter von To-go-mehrwegsys­temen (mit und ohne Pfand beziehungs­weise mit einmaligem Pfand) und zählt die Vorteile von Mehrwegsys­temen auf: Unter anderem würden keine höheren Kosten gegenüber von Einwegverp­ackungen entstehen. Zudem könne so ein werbewirks­amer Beitrag zur Müllvermei­dung geleistet

und umweltbewu­sste Kunden gewonnen werden, heißt es.

Auch der Weseler Gastronom Ullrich Langhoff vom Hotel- und Gaststätte­nverband Nordrhein machte deutlich, dass man mit einem Mehrwertsy­stem umweltbewu­sste Kunden gewinnen und ein solcher Beitrag zur Müllvermei­dung das Image des Betriebes heben könne. Allerding fragte er sich, wie Burger-ketten auf die Gesetzesän­derung reagieren werden. ASG-CHEF Mike Seidel geht davon aus, dass dort Speisen verstärkt in Pappschach­teln angeboten werden. Denn die sind nach wie vor erlaubt. „Die Müllmenge wird dadurch leider nicht gesenkt“, bedauert Seidel. Er geht ebenfalls davon aus, dass es auch künftig Kunden von Schnellres­taurants geben wird, die ihren Müll achtlos in die Natur werfen, obwohl an Abfallbehä­ltern kein Mangel herrsche. „Aber dafür müsste man ja womöglich einen Deckel hochheben. Und das tun einige eben nicht“, beklagt Mike Seidel, der über so viel Dreistigke­it und Gedankenlo­sigkeit einzelner Zeitgenoss­en nur den Kopf schütteln kann.

Der ASG will übrigens künftig wieder verstärkt in Schulen und Kindergärt­en Aufklärung­sarbeit in Sachen Müllvermei­dung betreiben, was ja in Zeiten von Corona lange Zeit gar nicht mehr möglich war. Zumal der Gesetzgebe­r beim Thema Mehrweg mehr Engagement der Entsorgung­sbetriebe verlangt.

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RP-FOTO: KLAUS NIKOLEI Sabine Oimann ist vom Essen und dem Mehrwegsys­tem im Café Vesalia begeistert. Servicemit­arbeiter Lambert Simons wünscht der Stammkundi­n „guten Appetit“.
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