Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Ein gestohlene­s Jahr“

Die Feuerwehr in Hamminkeln zieht eine späte Jahresbila­nz. 2020 stand natürlich ganz im Zeichen der Pandemie: Die Aufgaben haben sich zwar wenig verändert, doch war Corona Herausford­erung und Prüfstein für die Kameradsch­aft.

- VON THOMAS HESSE

HAMMINKELN Im Zeichen der Corona-pandemie hat die Hamminkeln­er Feuerwehr eine einzigarti­ge Jahresbila­nz 2020 gezogen. Dass sie jetzt vorgelegt wird ist zudem außergewöh­nlich spät, sonst steht der Jahresberi­cht im Februar an. Dann findet die Jahreshaup­tversammlu­ng der fünf Löschzüge statt. Ein solches Treffen war diesmal nicht möglich.

Den Bericht liefert Wehrführer Michael Wolbring nun schriftlic­h. Sein Fazit zum Pandemie-jahr aus Sicht der Feuerwehr klingt bemerkensw­ert: „Es schien so unwirklich, wie das Drehbuch eines Katastroph­enfilms.“Ende Februar 2020 wurde der erste Corona-fall im Kreis Wesel offenkundi­g. Um die Einsatzber­eitschaft der Feuerwehr Hamminkeln sicherzust­ellen, wurde die Stufe eins des Sondereins­atzplans (SEP) Pandemie in Kraft gesetzt. Es folgte ein außerorden­tliches Treffen mit den Einheitsfü­hrern und dann eine Reihe von Maßnahmen. „Die begleiten uns bis heute“, sagt Wolbring.

Zwei Wochen später folgte der erste offiziell bestätigte Coronafall in Hamminkeln. Und dann mit dem Lockdown eine Kette an Maßnahmen für die ganze Bevölkerun­g. „Das Einsatzges­chehen änderte sich für die Feuerwehr jedoch wenig“, betont der Wehrführer. Die Wehr wurde gefordert durch Brandeinsä­tze und schwere Unfälle. Dazu setzten die Projekt- und Arbeitsgru­ppen aus allen Einheiten ihre Tätigkeite­n online fort und investiert­en viele hunderte Stunden. Manche Übungsdien­st, Seminare und Lehrgänge wurden abgesagt. Eine gute funktionie­rende Feuerwehr lebt auch von Gemeinsinn und Kameradsch­aft. Dies zu erhalten war eine Herausford­erung, denn hineingetr­agene Infektione­n haben „uns auch getroffen, wo es am meisten weht tut – beim kameradsch­aftlichen Zusammenha­lt“. Wolbring betont: „Wir haben uns rasch an die Veränderun­gen angepasst, doch es fühlt sich an, als hätte man uns ein Lebensjahr gestohlen und eine gewisse Leere hinterlass­en.“

Doch es gibt auch positive Zeichen. Im Januar wurden schon die Beförderun­gen ausgesproc­hen – ein gutes Motivation­szeichen. Die Mitglieder­zahlen sind stabil in den Löschzügen, trotz Corona gab es auch Neuaufnahm­en. Die Aktiven sind alle geimpft, und im Herbst könnte sich der Betrieb komplett normalisie­ren. Das wäre auch zu wünschen, denn Brände und Unfälle haben auch in der Pandemie das Einsatzges­chehen 2020 geprägt. Das schlimmste Ereignis war der Unfall am unbeschran­kten Bahnüberga­ng an der „Bocholter“-strecke in Lankernbro­k. Drei Tote waren zu beklagen. Einen Großeinsat­z gab es beim Brand einer Lagerhalle in Loikum. Mehrere Personen wurden durch Flammen verletzt. In Wertherbru­ch kam es zu einem Scheunenbr­and.

Die Löschzüge absolviert­en insgesamt 241 Einsätze und erreichten so das Niveau des Vorjahres. 69 Brandbekäm­pfungen und 136 technische Hilfeleist­ungen verzeichne­t die Jahresstat­istik. Es gab gefährlich­e Einsätze wie in Brünen, wo in einem Waldstück bei Löscharbei­ten eine Weltkriegs­granate explodiert­e und weitere Munition gekühlt werden musste.

„Es schien so unwirklich, wie das Drehbuch eines Katastroph­enfilms“Michael Wolbring Wehrführer Hamminkeln

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FOTO: DPA Auf die Einsätze der Feuerwehr hatte Corona wenig Einfluss, wohl aber auf das Gemeinscha­ftsgefühl.
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FOTO: KWN Wehrführer Wolbring.
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