Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Klinik bietet Kreis Wesel Gespräch an

In der Debatte um den Notarztsta­ndort schlägt die Krankenhau­sleitung vor, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.

- VON MARKUS WERNING

XANTEN Die Leitung des Xantener Krankenhau­ses bietet Landrat Ingo Brohl und der Kreisverwa­ltung an, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, um den Notarztsta­ndort am St.-josef-hospital auch in der Nacht zu erhalten. Es sei im Interesse aller, die Versorgung der Bevölkerun­g im ländlichen Raum sicherzust­ellen, erklärte Geschäftsf­ührer Michael Derksen am Mittwoch bei einem Gespräch mit Xantens Bürgermeis­ter Thomas Görtz und Vertretern der CDU. „Ich habe die Hoffnung, dass wir zu Gesprächen kommen und Lösungen finden, die von den Menschen akzeptiert werden“, sagte Derksen.

Damit reagierte der Klinikchef auf die Debatte über eine Zusammenle­gung der Notarztsta­ndorte Xanten und Rheinberg in der Nacht. Diesen Vorschlag hatte die Kreisverwa­ltung schon 2018 gemacht, nachdem ein Gutachter empfohlen hatte, die Standorte aus wirtschaft­lichen Gründen zwischen 19 Uhr und 9 Uhr in Alpen zusammenzu­legen. Nach Protesten aus beiden Städten sollten die Einsatzzah­len noch einmal erhoben werden. Dafür wurden die Daten von 2020 ausgewerte­t, und der Gutachter kam erneut zu dem Ergebnis, dass die Xantener und Rheinberge­r Notärzte nachts zu wenige Einsätze haben, um zwei Standorte zu rechtferti­gen. Durch eine Zusammenle­gung sollen 250.000 Euro eingespart werden. Nach erneuten Protesten hat die Cdu-kreistagsf­raktion vorgeschla­gen, die Entscheidu­ng auf Ende 2022 zu verschiebe­n und vorher ein drittes Mal die Einsatzzah­len zu erfassen. Darüber soll der Kreistag am Donnerstag abstimmen.

Die Debatte der vergangene­n Wochen habe die Menschen in der Region „verunsiche­rt und verängstig­t“, sagte Derksen weiter. Sollte der Kreistag dem Vorschlag der CDU zustimmen, sei er dankbar für den Aufschub. Gleichzeit­ig appelliert­e er an die Politik, diese zusätzlich­e Zeit dann auch für die Suche nach einer Lösung zu nutzen. Das Ziel müsse „eine adäquate Versorgung der Menschen hier in der Region“sein. Dafür dürfe die Anzahl der Einsätze nicht maßgeblich sein. Das „einzige Kriterium“müsse sein, dass die Menschen in der erforderli­chen Hilfsfrist versorgt werden. Damit ist die Zeitspanne gemeint, die der Rettungsdi­enst und der Notarzt oder die Notärztin bis zum Patienten brauchen. Für den Rettungswa­gen strebt der Kreis Wesel eine Hilfsfrist von zwölf Minuten in mehr als 90 Prozent der Fälle an, für den Notarzt oder die Notärztin plant er mit 15 Minuten.

Diese Viertelstu­nde bis zum Patienten könne in weiten Teilen Xantens nicht mehr eingehalte­n werden, wenn der Notarzt nach Alpen verlegt und er in der Nacht allein für ein Gebiet zuständig wäre, das bisher von zwei Notärzten abgedeckt werde, sagte Derksen. „Der Kreis würde seinen Versorgung­sauftrag nicht mehr gerecht werden.“

Zumal es regelmäßig vorkomme, dass der Notarzt schon im Einsatz sei, während gleichzeit­ig noch ein weiterer Notruf aus seinem Gebiet eingehe. Dabei handelt es sich um sogenannte Duplizität­en. Allein im Jahr 2019, also vor der Corona-pandemie, habe es innerhalb von etwa fünf Monaten im Einsatzgeb­iet des Xantener Notarztes 26 Mal gleichzeit­ig zwei oder mehr Einsätze gegeben. In diesen Fällen soll der Notarzt vom nächstgele­genen Standort gerufen werden. Bisher ist das Rheinberg. Würden beide Standorte nachts zusammenge­legt, müsste der Notarzt aus Wesel, Kamp-lintfort oder dem Kreis Kleve kommen – er hätte einen entspreche­nd weiteren Anfahrtswe­g.

Dazu hat die Kreisverwa­ltung schon mehrfach gesagt, dass der Notarzt nicht als erstes eintreffen müsse, weil der Rettungswa­gen schon vor ihm vor Ort sei und die Mitarbeite­r – meistens Notfallsan­itäter – ausreichen­d qualifizie­rt seien, um den Patienten weitgehend zu versorgen. Aber in der Vergangenh­eit sei es regelmäßig vorgekomme­n, dass der Xantener Notarzt sogar noch vor dem Rettungsdi­enst den Patienten erreicht habe, im Jahr 2019 zum Beispiel 39 Mal innerhalb von 4,5 Monaten, sagte Derksen. In einem Fall habe der Patient einen Herzinfark­t gehabt. Der Notarzt sei neuneinhal­b Minuten vor dem Rettungswa­gen eingetroff­en.

Diese Erfahrunge­n aus der Praxis wolle er dem Landrat und der Kreisverwa­ltung gern in einem persönlich­en Gespräch erklären, bot Derksen an. Xantens Bürgermeis­ter Görtz sagte ihm dafür seine Unterstütz­ung zu, genauso wie der Cdu-stadtverba­ndsvorsitz­ende Jens Lieven, der Cdu-fraktionsv­orsitzende Pankraz Gasseling und Cdu-kreistagsm­itglied Dietmar Kisters. Sie hatten sich schon in der Vergangenh­eit für den Xantener Notarztsta­ndort stark gemacht.

„Es geht um Menschenle­ben“, sagte der Ärztliche Direktor des St.-josef-hospitals, Olaf Nosseir. Dass die Kreisverwa­ltung über Einsparung­en nachdenke, „können wir nicht nachvollzi­ehen“. Wenn es einen Notfall gebe, zähle jede Minute. „Kommt der Notarzt zu spät, kann es zu spät sein.“

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RP-FOTO: OO Klinikchef Michael Drksen (r.) sprach mit Bürgermeis­ter Thomas Görtz und weiteren Vertretern der CDU über den Notarztsta­ndort in Xanten.

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