Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Eine etwas andere Hommage an die Fußballwelt
Spannende Zeiten für Gerrit Starczewski: Der gebürtige Mehrhooger ist Filmer, Fotograf und Fußballfan – und immer für einen Aufreger gut.
Hamminkeln/rees. Geboren in Oberhausen, aufgewachsen in Hamminkeln-mehrhoog, sozialisiert in Bochum, wohnhaft in Voerde: Das ist die geografische Kurzbiographie von Gerrit Starczewski. Just im Juni ist der 35-Jährige unter anderem beim bekannten Tv-moderator Kai Pflaume aufgetreten.
Gerrit Starczewski ist unabhängiger Filmemacher, Fotograf und Ideenentwickler. Sein bekanntestes Projekt dürften wohl die „Pottoriginale“sein. Das dokumentarische Filmkonzept widmet sich Fußballfans und Schiedsrichtern gleich auf mehreren Social-media-kanälen. Die Protagonisten stammen vorwiegend aus der Fußballszene des westlichen Ruhrgebiets und sind hier bekannt unter
Kultnamen wie „VFL Jesus“, “Tankwart a.d.“(Bochum) und „Glockenhorst“(RWE Essen). Dazu kommen flotte Sprüche und Szenen rund ums Spielfeld etwa von der Hobbyliga Oberhausen und Westfalia Herne oder Auftritte aus der Zeit fallender junger Schalker mit Fokuhila-haarschnitt und Hardrocker-kutte (Gelsenkirchen).
Auch der lebenslustige, stark übergewichtige Schiedsrichter „Uwe B.“wird bei Fußballspielen mit liebevoll-ironisch-pseudoreißerischen Kommentaren von der Pottoriginale-kamera begleitet. Zum Beispiel bei einem Kreisliga-c-spiel zwischen den Vereinen Haffen-mehr-mehrhoog aus Hamminkeln und TUS Haffen-mehr aus Rees. Dem Filmemacher Starczewski kommt es dabei ausdrücklich „auf das Menschliche und Natürliche“an: „Das sind unverstellte, offene und ehrliche Menschen!“
„Die Fanbase ist mittlerweile riesig“, so Starczewski, der auf zehntausende Abonnenten und Nutzer und noch viel höhere Klickzahlen verweist. Den Kult hat vor einigen Jahren das Pottoriginale-roadmovie verstärkt. In dem durchgeknallten Spielfilm in Manier alter Manta-filme tauchen nicht nur die Kultfiguren als Rollendarsteller auf, sondern auch bekanntere Gesichter wie DJ Hell oder der Schauspieler Uwe Fellensiek. „Und das ohne staatliche Förderung etwa durch die Film- und Medienstiftung NRW! Ich finanziere meine Projekte selbst oder teilweise über Sponsoren und das Merchandising“, sagt der Independent-filmemacher.
Triebfeder seines Wirkens ist auch die Haltung gegen überzogenen Kommerz und überkandidelte Kunst. So hat Starczewski, der von Kindheit an seine Angehörigen aus Bochum-wattenscheid ins Stadion begleitete und ein großer Fan des frischgebackenen Bundesliga-aufsteigers ist, die „Nacktionalmannschaft“initiiert. Mit der Kunst- und Protest-aktion von weitgehend textilfrei spielenden Fußballamateuren rückt er das Finanzgebaren sowie den übertriebenen Körperkult des Profifußballs in einen Zerrspiegel: „Der Körper ist nur eine Hülle. Wichtig ist, wer oder was drin steckt!“
Charakter bewies der Kreative kürzlich auch bei der von Kai Pflaume produzierten Ndr-rateshow „Kaum zu glauben!“, deren Folge eben die „Nacktionalmannschaft“thematisierte und voraussichtlich an einem Sonntagabend im August ausgestrahlt wird. Den kürzlichen Auftritt vor dem Landgericht Duisburg hätte sich Starczewski jedoch gerne erspart. Es war der Auftakt zu einer Reihe von Präsenzterminen vor Gericht, bei denen es auch um das neue B-movie
„Glanz, Gesocks & Gloria“geht. Bevor die pandemiebedingt mehrmals verschobene Kinotour nun für März 2022 vorgesehen ist, hatte der Produzent und Regisseur nach eigenen Angaben viel Pech: „Kompletter Neudreh des Films, Gewaltandrohungen, Content-diebstähle meines Film-materials, viel Papierkram mit Abmahnanwälten.“
Dazu kam, dass ein Dreh mit leichtbekleideten jungen Frauen zu einer Porno-posse geriet und die örtliche Polizei auf den Plan rief. Aber das kennt der gelernte Bank-kaufmann schon, der sich durch das Haldern Pop-festival in Rees einen Namen als Konzert- und Musikerfotograf machte und dort schon vor zehn Jahren für einen Nacktskandal sorgte.