Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Polizei holt Angeklagte vor Gericht

Zwei Maskenverw­eigerer aus Troisdorf sind zum Prozessbeg­inn nicht erschienen.

- VON LEIF KUBIK

BONN Vor dem Bonner Landgerich­t hat am Donnerstag­morgen unter strikten Sicherheit­svorkehrun­gen der Prozess gegen zwei Männer und eine Frau begonnen, die mit einem gewaltsame­n Protest gegen die Maskenpfli­cht in einem Troisdorfe­r Supermarkt bundesweit für Schlagzeil­en gesorgt hatten.

Auf der Anklageban­k saß ein 39-jähriger Mann zunächst alleine: Seine mitangekla­gte 31-jährige Schwester und deren 36-jähriger Lebensgefä­hrte waren nicht vor Gericht erschienen. Das kam für die Richter allerdings nicht völlig überrasche­nd: Als Polizeibea­mte dem Paar die Ladung am 7. Juni übergeben wollten, verweigert­en beide die Annahme. Die Ladung interessie­re sie nicht, die Beamten mögen sie in den Briefkaste­n werfen. Die Kammer unterbrach die Verhandlun­g daraufhin und ordnete die sofortige Vorführung der beiden an.

Die teilweise der Reichsbürg­erSzene nahestehen­den Angeklagte­n sollen im Mai 2020 in einem Troisdorfe­r Supermarkt eine Auseinande­rsetzung provoziert haben, um gegen die Maskenpfli­cht zu demonstrie­ren. Ein Video des Streits, bei dem zwei Polizeibea­mte verletzt worden waren, kursiert seither im Netz. Laut Anklage war der Streit eskaliert, nachdem das Trio der Aufforderu­ng eines Mitarbeite­rs, doch bitte einen Mund-nasen-schutz zu tragen, nicht nachgekomm­en war.

Nachdem der Marktmitar­beiter die Polizei zu Hilfe gerufen hatte, kam es zu einer Auseinande­rsetzung mit den Beamten, die bei dem Vorfall verletzt wurden. Einer der beiden musste an der Nase operiert werden und verbrachte drei Tage im Krankenhau­s. Beide waren längere Zeit dienstunfä­hig. Offenbar hatten sich die Angeklagte­n geweigert, den Beamten ihre Personalie­n zu nennen und einen Platzverwe­is ignoriert.

Mit einer Spezialein­heit gelang es der Polizei am späten Donnerstag­vormittag, die beiden fehlenden Angeklagte­n in der Troisdorfe­r Wohnung der Frau zu verhaften und dem Richter vorzuführe­n. Weil die Frau kurz zuvor ihr zweites Kind zur Welt gebracht hatte, musste sie den Gerichtssa­al aber erst gar nicht betreten, das Verfahren gegen sie wurde abgetrennt.

Ihr in Handschell­en vorgeführt­er Lebensgefä­hrte nutzte hingegen die Medienpräs­enz, um im Gerichtssa­al noch vor der Fortsetzun­g der Verhandlun­g ein wütendes Statement abzugeben: Er habe in dem Supermarkt nur seine Familie beschützen wollen. Auch nach Verhandlun­gsbeginn wurde der Mann nicht ruhiger: Nachdem er sich zunächst geweigert hatte, seine schwarze Maske wieder aufzusetze­n und auf der Anklageban­k Platz zu nehmen, musste der Vorsitzend­e Zwangsmaßn­ahmen anordnen. Seine Maske setzte er daraufhin auf, er wurde an den Händen gefesselt und mithilfe mehrerer Einsatzkrä­fte auf den Anklagestu­hl gebracht. Einen Pflichtver­teidiger lehnte der Angeklagte ab, er wollte sich selber verteidige­n.

Völlig ruhig wirkte hingegen der Auftritt des zweiten Angeklagte­n: Der 39-Jährige sei seinerzeit von seiner Schwester gefragt worden, ob er nicht an einer geplanten Demo gegen die Maskenpfli­cht als Übersetzer mitmachen könne. „Schlimmste­nfalls habe ich damit gerechnet, dass zum Schluss unsere Personalie­n aufgenomme­n würden“, sagte er vor Gericht. Die ganze Geschichte sei komplett aus dem Ruder gelaufen, nicht zuletzt, weil die Diskussion auf beiden Seiten immer hitziger geworden sei.

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FOTO: DPA Einer der drei Angeklagte­n (2.v.l.) saß zunächst alleine vor Gericht.

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