Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Grüne wollen klimaneutr­ales NRW bis 2040

Die Landtagsfr­aktion will mit einer Machbarkei­tsstudie Druck ausüben.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Es ist eine 444 Seiten starke Kampfansag­e an die Landesregi­erung, die die Grünen-fraktionsc­hefin Verena Schäffer und die energiepol­itische Sprecherin, Wibke Brems, am Donnerstag präsentier­te. In dem Gutachten mit dem Titel „Wie kann Nordrhein-westfalen auf den 1,5-Grad-pfad kommen?“skizziert ein Team von Wissenscha­ftlern rund um den Mathematik­er Karl-martin Hentschel, mit welchen konkreten Maßnahmen das Land bis 2040 klimaneutr­al werden könnte. „Aus unserer Sicht wäre es Aufgabe der Landesregi­erung gewesen, solche Schritte zu beschreibe­n“, stichelte Schäffer.

Die Regierungs­koalition beschloss unterdesse­n eine Verschärfu­ng des Gesetzesen­twurfs der Landesregi­erung für die Neufassung des Klimaschut­zgesetzes NRW. So sollen die Einsparzie­le beim Treibhausg­as bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Prozent sinken, statt wie vorgesehen um 55 Prozent, bis zum Jahr 2040 um mindestens 88 Prozent und die Klimaneutr­alität bereits 2045 statt erst 2050 erreicht werden. Henning Rehbaum, energiepol­itischer Sprecher der Cdu-fraktion, sagte, man habe die geplanten Mittel für Elektromob­ilität und Technologi­e wie Pv-speicher noch einmal um 100 Millionen Euro aufgestock­t. Damit stünden 2020 und 2021 insgesamt mehr als 550 Millionen Euro für Klimaschut­z und Energiewen­de in NRW bereit.

Schwarz-gelb habe zwar die Klimaziele ambitionie­rter gefasst, lasse aber völlig offen, wie man dorthin kommen wolle, kritisiert­e Schäffer. Vielmehr bremse das Land beim Ausbau der erneuerbar­en Energien etwa durch die größeren Abstandsre­geln beim Bau neuer Windkrafta­nlagen oder den kassierten Plan zum verpflicht­enden Bau von Solaranlag­en auf Parkplätze­n. Wissenscha­ftler Hentschel erläuterte, dass zur Erreichung der Ziele der Ausstieg aus der Kohle bis 2030 erfolgen müsse. Bis 2035 sei es realistisc­h, den Stromsekto­r insgesamt treibhausg­asneutral zu machen. Da NRW aber nicht über genügend Flächen für Wind- und Solarenerg­ie verfüge, müsste man auch auf Energieimp­orte setzen.

Der Verkehrsse­ktor könne – mit Ausnahme des Fliegens – bis 2035 klimaneutr­al sein. „Die Kondensstr­eifen sind nun mal nicht abzuschaff­en“, sagte Hentschel. Man sei aber in der Lage, unvermeidb­are Emissionen etwa durch Wiederauff­orstung auszugleic­hen. Derzeit seien 25 Prozent der Fläche in NRW bewaldet, zwölf Prozent zusätzlich müssten für den Ausgleich unvermeidb­arer Emissionen her. „Das ist deutlich billiger als alle technische­n Methoden, die es gibt“, so der Wissenscha­ftler. Diese fallen Hentschel zufolge etwa in der Zementindu­strie sowie in der Landwirtsc­haft an. Die übrige Industrie und der Gebäudesek­tor ließen sich bis 2040 klimaneutr­al betreiben.

Unterm Strich handele es sich um ein Investitio­nsprojekt über 20 Jahre mit positiven Folgen für Wirtschaft und Arbeit. Je schneller es umgesetzt werde, desto günstiger falle es aus. Hentschel sprach von Kosten in Höhe von 300 bis 400 Milliarden

Euro. Gehe man davon aus, dass es zu 75 Prozent von der Wirtschaft finanziert werde, seien öffentlich­e Mittel von fünf Milliarden Euro im Jahr nötig – vor allem für die Häuserund Stadtsanie­rung, den Ausbau von Bahnen und ÖPNV, die Umstellung auf Klimafreun­dlichkeit in der Stahlund Chemieindu­strie sowie für die Aufforstun­g. Bezahlt mache sich die Investitio­n nach 15 Jahren.

Grünen-fraktionsc­hefin Schäffer forderte ein Klimaschut­zgesetz mit jahresscha­rfen Zielen für alle einzelnen Sektoren. Zudem müsse es einen Klimavorbe­halt für neue Gesetze und Förderprog­ramme geben, damit sie nicht den Klimaschut­z konterkari­erten.

Die energiepol­itische Sprecherin Wibke Brems wies zudem darauf hin, dass insbesonde­re für die großen Anstrengun­gen im Bereich der Gebäudesan­ierung viel zu wenig Personal da sei und mehr Fachkräfte ausgebilde­t werden müssten. Zudem forderte sie einen generellen Vorrang für Schiene und Rad. Straßenbau­vorhaben müssten daraufhin geprüft werden, ob sie unter Klimaschut­zgesichtsp­unkten sinnvoll seien. Zudem verwies sie auf einen Ausbau von Glasfaserl­eitungen und 5G-netzen, der für Energieein­sparungen nötig sei.

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FOTO: DPA Bergbaumas­chinen arbeiten im Tagebau Garzweiler.

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