Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Britney will frei sein

Ihr Auftritt schockiert die Promiwelt: Per Telefon im Gericht erhebt Britney Spears schwere Vorwürfe gegen ihre Familie und Betreuer. Die Sängerin fordert das Ende ihrer fast 13 Jahre währende Vormundsch­aft – und erhält Unterstütz­ung.

- VON BARBARA MUNKER

(dpa) Popstar Britney Spears schüttete in einer emotionale­n Gerichtsan­hörung ihr Herz aus und macht ihrem Ärger Luft: „Ich bin traumatisi­ert“, sagte die Sängerin in einer Telefonsch­alte, wie der Us-sender CNN und andere Medien berichtete­n. „Ich bin nicht glücklich, ich kann nicht schlafen. Ich bin so wütend, das ist verrückt. Und ich bin deprimiert. Ich weine jeden Tag.“In dem mehr als 20 Minuten langen Redefluss stellte die 39-Jährige mehrfach klar, dass sie die seit 2008 bestehende Vormundsch­aft über ihre Person und ihre Finanzen satt hat.

Dies sei Missbrauch, erklärte die Sängerin in der Anhörung vor Richterin Brenda Penny in Los Angeles. Sie wünsche das Ende der Vormundsch­aft. Sie fühle sich von ihrer Familie und von Managern ausgenutzt. Sie werde von allen kontrollie­rt und könne selbst nicht über ihr Leben bestimmen.

Zu dem Termin waren unter anderem Spears’ geschieden­e Eltern, Jamie und Lynne Spears, ihr Anwalt Sam Ingham und die vom Gericht bestellte Betreuerin Jodi Montgomery zugeschalt­et. Im April hatte die Sängerin die Anhörung beantragt. In dem Rechtsstre­it um ihre Vormundsch­aft hatte sich Spears bis dahin selbst kaum öffentlich geäußert.

Nachdem die Sängerin wegen berufliche­r und privater Probleme psychisch zusammenge­brochen war, hatte 2008 ein Gericht entschiede­n, ihrem Vater die Vormundsch­aft zu übertragen. Seitdem verwaltet James Spears das Vermögen und andere Anliegen seiner Tochter. 2019 trat er aus gesundheit­lichen Gründen kürzer, verwaltet seither nur noch das Vermögen seiner Tochter. Für deren persönlich­e Belange, darunter medizinisc­he Entscheidu­ngen, wurde Montgomery als Vormund eingesetzt. 2020 kam ein Finanztreu­händer dazu. Zuletzt hatte sich die Sängerin bemüht, den Vater von seiner Vormundsro­lle zu entbinden. Bei der Anhörung vor Gericht machte sie nun erstmals ihre komplette Ablehnung der Vormundsch­aft deutlich.

Am Telefon las Spears ihre mit heftigen Vorwürfen gegen ihre Familie und ihre Betreuer gespickte Aussage ab. Sie wünsche sich, dass die ganze Welt nun die Wahrheit erfahre. Ihren Eltern warf sie Ausbeutung vor. Seit 13 Jahren würden sie von ihrem Geld profitiere­n und ihr gesamtes Privatlebe­n kontrollie­ren. Das Vermögen der Pop-sängerin wird auf etwa 60 Millionen Dollar geschätzt. Am liebsten würde sie ihre Familie verklagen, betonte Spears vor Gericht.

Der Sängerin zufolge wurde sie dazu gezwungen, Konzerte zu geben. Man habe sie zudem unter Druck gesetzt, das Medikament Lithium zu nehmen, obwohl sie sich danach schlecht gefühlt habe. Lithium wird zur Behandlung manischer Depression­en eingesetzt.

Auch in ihrem Privatlebe­n dürfe sie keine eigenen Entscheidu­ngen treffen, lamentiert­e die Sängerin. Sie würde gerne heiraten und ein weiteres Kind bekommen, doch ihr sei nicht erlaubt worden, einen Arzt aufzusuche­n, um ihre Spirale zur Empfängnis­verhütung zu entfernen. Seit dem Jahr 2016 ist Spears mit dem Tänzer und Fitnesstra­iner Sam Asghari befreundet. Aus ihrer bereits im Jahr 2007 geschieden­en Ehe mit dem ehemaligen Rapper und Model

Kevin Federline hat sie zwei Söhne im Alter von jetzt 14 und 15 Jahren.

Besonders scharf griff Spears ihren 68-jährigen Vater an. „Er liebte es“, Macht über sie auszuüben, sagte sie. Sie sei unter der Vormundsch­aft wie eine Sklavin behandelt worden. Alle daran Beteiligte­n gehörten ihrer Meinung nach ins Gefängnis.

Nach der Anhörung gab Jamie Spears über seine Anwältin Vivian Thoreen eine kurze Erklärung ab. „Es tut ihm leid, zu sehen, dass seine Tochter leidet und Schmerzen hat“, zitierte die Zeitschrif­t „Variety“aus der Mitteilung der Anwältin: „Mr. Spears liebt seine Tochter und vermisst sie sehr.“Die nächste Gerichtsan­hörung ist für Mitte Juli angesetzt. Zunächst wurde nicht bekannt, ob die Sängerin nun formell einen Antrag auf die Beendigung der Vormundsch­aft einreichen wollte.

Eine Anfang Februar veröffentl­ichte Dokumentat­ion der „New York Times“über Spears’ Leben unter der Vormundsch­aft ihres Vaters hatte heftige Diskussion­en vor allem in den sozialen Netzwerken entfacht. Die Doku fragt unter anderem, ob jemand gleichzeit­ig ein weltweiter Superstar und eine kaum zurechnung­sfähige Person sein könne, die unter Kontrolle gestellt gehört. Viele Prominente und Fans bekundeten unter dem Hashtag #Freebritne­y daraufhin ihre Unterstütz­ung für die Sängerin. Dutzende Fans hatten sich auch mit Postern und Protestsch­ildern vor dem Gericht aufgestell­t.

Sänger Justin Timberlake (40), ein Ex-freund von Britney Spears, schrieb auf Twitter, dass er und seine Frau Jessica Biel der Sängerin ihre Liebe und „volle Unterstütz­ung“senden würden: „Wir hoffen, dass das Gericht und ihre Familie dies wieder in Ordnung bringen und sie leben lassen, wie sie es sich wünscht.“

Auch Popstar Mariah Carey bekundete ihre Unterstütz­ung für ihre Kollegin. „Wir lieben dich Britney!!! Bleib stark“, schrieb die 51-Jährige auf Twitter. Sängerin Halsey (26) schrieb: „Ich bewundere ihren Mut, heute für sich selbst zu sprechen.“

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FOTO: RINGO CHIU/IMAGO Fans von Britney Spears protestier­en vor dem Gerichtsge­bäude in Los Angeles.
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FOTO: JORDAN STRAUSS/AP

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